Analyse

IKT-basierte Koordination der Dienstleistungserbringung: Erfahrungen aus Asien und dem Pazifik

Analyse

IKT-basierte Koordination der Dienstleistungserbringung: Erfahrungen aus Asien und dem Pazifik

Die Koordination der Dienstleistungserbringung hat sich in den letzten Jahren für die Institutionen der sozialen Sicherheit als wichtige strategische Priorität erwiesen, und die Mitglieder der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) haben anhand von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bedeutende Verbesserungen ihrer Dienstleistungsqualität erzielt. Dieser Artikel stützt sich auf gute Praxis von IVSS-Mitgliedsinstitutionen aus Asien und dem Pazifik.

Angesichts der Vielfalt der Akteure, die an der Verwaltung der sozialen Sicherheit beteiligt sind, war mangelnde Koordination bereits seit Langem eine Herausforderung. Die Institutionen setzen dank Entwicklungen im IKT-Bereich vermehrt integrierte oder koordinierte Systeme ein, die mehreren Programmen dienen, anstatt dass für jedes Programm ein eigenes System betrieben wird. Diese Veränderung wird durch den strategischen Druck, trotz der Haushaltseinschränkungen mehr Wert für die Nutzer zu liefern, weiter verstärkt. Hauptziel ist, „die Wirksamkeit der praktizierten Sozialpolitik zu verbessern und ihre Fragmentierung zu verhindern (also abgeschottete Situationen zu verhindern, in denen Programme, Prozesse oder Dienstleistungen isoliert betrieben werden)“.

In der Praxis kann diese Koordination verschiedene Ebenen betreffen: strategisch, operativ (Programme, Organisation, Planung, IKT-Kapazitäten) und bezogen auf die Dienstleistungserbringung (IAO et al., 2021). Zudem kann die Koordination Prozesse in einer oder in mehreren Institutionen umfassen (also eine intra- oder interinstitutionelle Koordination). Dieser Artikel befasst sich mit IKT-basierten Ansätzen der operativen Integration. Zwar werden aufgrund neuer Technologien und Strategien ständig neue Integrationsmodelle entwickelt, aber die administrative Integration verschiedener Programme der sozialen Sicherheit erfolgt meist im Frontoffice (direkter Kundendienst), im Backoffice oder in beiden zugleich (TRANSFORM, 2017). In der Praxis finden sich innerhalb dieses Spektrums sehr unterschiedliche Modelle. Ruggia-Frick (2016) liefert einen nützlichen Organisationsrahmen, mit dem sich die einzelnen Modelle zur vergleichenden Analyse und zu Lernzwecken unterscheiden lassen. Die koordinierten und integrierten Ansätze werden nach den Elementen beschrieben, die ihnen gemein sind (Abbildung 1). Dazu gehören:

Abbildung 1. Verschiedene Modelle koordinierter und integrierter Dienstleistungserbringungsansätze

Abbildung 1. Verschiedene Modelle koordinierter und integrierter Dienstleistungserbringungsansätze

  1. Koordinierte Prozesse: Besteht aus unabhängigen Systemen mit Prozessen, die Daten austauschen oder institutionsübergreifend internetbasierte Dienstleistungen erbringen (z. B. durch Web Services).
  2. Gemeinsame Anlaufstelle: Besteht aus unabhängigen Systemen, die über ein gemeinsames Portal Kundendienstleistungen erbringen, das elektronische Dienstleistungen über eine zentrale Anlaufstelle ermöglicht.
  3. Gemeinsames Informationssystem: Besteht aus unabhängigen Systemen, die gemeinsam ein Informationssystem mit relevanten Daten wie einem Leistungsempfängerverzeichnis nutzen.
  4. Gemeinsame Softwareanwendung: Besteht aus einer Geschäftssoftwareanwendung, die Funktionen der sozialen Sicherheit umsetzt und von den koordinierenden Stellen gemeinsam genutzt wird.
  5. Gemeinsame Betriebsplattform: Besteht aus einer Betriebsplattform, auf der gemeinsame Geschäftsprozesse für Funktionen des koordinierten Programms abgewickelt werden.

Quelle: Ruggia-Frick (2016)

Die Dienstleistungs- und Prozessintegration von Back- und Frontoffice kann je nach beteiligten Elementen für die Kunden positive Ergebnisse haben. Sie kann Bedingungen schaffen, dank denen die Dienstleistungen umfassend und personenzentriert sind sowie schneller und wirksamer nach den Bedürfnissen der Nutzer erbracht werden. Durch die Dienstleistungsintegration zwischen Back- und Frontoffice lässt sich eine Doppelführung von Aufgaben vermeiden, und Backoffice-Funktionen wie personal- und technologiebezogene Lösungen können gemeinsam genutzt werden (TRANSFORM, 2017).

Gute Praxis aus Asien und dem Pazifik

Im vergangenen Jahrzehnt haben verschiedene Mitgliedsinstitutionen der IVSS dank einer IKT-basierten Dienstleistungsintegration und -koordination beeindruckende Fortschritte in der Dienstleistungsqualität erzielt. Für diese strategischen Anpassungen stützten sich die Institutionen unter anderem auf die Leitlinien der IVSS über Informations- und Kommunikationstechnologie (IVSS, 2019a) und die Leitlinien der IVSS zur Dienstleistungsqualität (IVSS, 2019b). Einige dieser Erfahrungen wurden in einer besonderen Sitzung über integrierte Dienstleistungserbringung auf dem Virtuellen Forum für soziale Sicherheit für Asien und den Pazifik 2022 vorgestellt. Um besondere Integrationsmodelle ging es auch in Analyseartikeln und Webinaren. Dieser Artikel beschreibt die jüngsten Erfahrungen der Mitgliedsinstitutionen in Asien und im Pazifik, zieht Lehren und bestimmt Erfolgsfaktoren in der Region.

Ministerium für Humanressourcen und soziale Sicherheit, China

Das Sozialversicherungszentrum von Shanghai unter dem chinesischen Ministerium für Humanressourcen und soziale Sicherheit (Ministry of Human Resources and Social Security – MoHRSS) führte für seine 5 217 700 Rentnerinnen und Rentner Ende 2020 und voraussichtlich 170 000 jährlich neu in den Ruhestand Tretende eine integrierte Online-Plattform ein, die besser koordinierte und effizientere Dienstleistungen ermöglicht (Ministerium für Humanressourcen und soziale Sicherheit, 2021). Das Ministerium für Humanressourcen und soziale Sicherheit integrierte verschiedene Frontoffice- und Backoffice-Funktionen, um die zuvor getrennten Prozesse für Grundrenten, Krankenversicherungsleistungen für Rentner, die Pauschalbeihilfe für die Familienplanung, den Anspruch auf Unterstützung durch den Wohnfonds und die Krankenhausversicherungsleistung zu konsolidieren.

Zu den wichtigsten Elementen des Integrationsansatzes gehören: (a) abteilungsübergreifender Datenaustausch zur Verringerung des externen Informationsbedarfs, (b) zentrales Online-Fenster für die Einreichung aller Anträge, (c) Backoffice-Koordination zwischen den Abteilungen für gemeinsame Entscheidungsfindung, (d) integrierte Entscheidungsmeldung für alle Systeme über das zentrale Online-Fenster, (e) einheitliche Karte für alle bei der Anwendung erforderlichen Informationen. Die im September 2020 aufgeschaltete integrierte Plattform kam ungefähr 102 000 Menschen zugute, die bis März 2021 insgesamt 309 000 Dienstleistungen beantragten. Die Nutzung des Angebots durch Rentnerinnen und Rentner nimmt laufend zu und machte im Januar 2022 ganze 80 Prozent aller Anträge aus.

Iranische Organisation für soziale Sicherheit, Islamische Republik Iran

Die Iranische Organisation für soziale Sicherheit (Iranian Social Security Organization – ISSO) führte eine vertikale Integration ihrer Zahlprozesse ein, indem die Zahlungen der verschiedenen Versicherungszweige an die Nutzer zentralisiert wurden (Iranische Organisation für soziale Sicherheit, 2021). Zuvor wurden die Langzeitleistungen der Organisation regional durch jeden Versicherungszweig getrennt ausgezahlt, was ein erhöhtes Risiko von Betrug und Fehlern barg, je nach Zweig eine unterschiedliche Dienstleistungsqualität zur Folge hatte und eine Herausforderung für die fristgerechte und konsistente statistische Erfassung stellte. Beim integrierten Ansatz wird die Liste der Zahlungsempfänger und der entsprechenden Beträge von den Versicherungszweigen vorbereitet, von der nächsthöheren Ebene genehmigt und schließlich an die Abteilung für Finanzangelegenheiten am Hauptsitz geschickt. Die Abteilung für Finanzangelegenheiten überweist sodann alle Rentenbeträge auf die Bankkonten der Rentnerinnen und Rentner und garantiert damit eine fristgerechte und konsistente Umsetzung.

Landesrentenamt, Republik Korea

Das Landesrentenamt (National Pension Service – NPS) der Republik Korea setzte auf Integration, um zwei Prozesse zu verbessern: die Antragstellung und die Leistungsauszahlung (Landesrentenamt, 2021). Durch die Umwandlung von Frontoffice-Funktionen in automatisierte Backoffice-Prozesse sollte die administrative Belastung sowohl für die Verwaltungsfachleute als auch für die Nutzerinnen und Nutzer verringert werden.

Um eine Landesrente zu beantragen, mussten die Antragsteller zuvor auf ihre vom Obersten Gerichtshof ausgestellte Familienstandsbescheinigung zugreifen und diese an das Landesrentenamt senden. Zur Umgehung dieses Schritts führte das Landesrentenamt Mechanismen ein, mit denen sich direkt auf die Familienstandsbescheinigung und weitere Dokumente zugreifen lässt. Dann wird die Anspruchsberechtigung durch das Landesrentenamt geprüft, und die Rentnerinnen und Rentner werden über ihre Ansprüche informiert. Dank des integrierten Ansatzes ist es dem Landesrentenamt gelungen, nicht nur aufwändige Prozesse für die Bürgerinnen und Bürger zu vereinfachen, sondern auch Rentnerinnen und Rentner zu erreichen, die bisher nicht über ihre Rechte informiert waren.

Für die Bezahlung mussten die Rentnerinnen und Rentner zuvor ihre Bankverbindung vorlegen, so dass es zu Verzögerungen bei der Rentenauszahlung kam. Um diese Herausforderung zu bewältigen, bildete das Landesrentenamt einen Ausschuss mit Vertretern der vier größten öffentlichen Rentenanbieter, einschließlich des Rentendiensts für Staatsangestellte, der Renten für Lehrkräfte und der Militärrente. Außerdem bestand ein ständiger Austausch mit dem Koreanischen Institut für Finanztelekommunikation und Abrechnungen (Korea Financial Telecommunications and Clearings Institute), das für den Ausbau und die Verwaltung eines gemeinsamen Finanznetzwerks zuständig ist, und es wurde ein Identifikationscode für die Rentenkonten eingeführt. So erhalten nun jährlich 50 000 finanziell gefährdete Rentnerinnen und Rentner über ein spezifisches Konto fristgerecht ihre Renten, ohne dass sie ihre Bankverbindung mitteilen müssen.

Landesdienst für Krankenversicherung, Republik Korea

Der Landesdienst für Krankenversicherung (National Health Insurance Service – NHIS) der Republik Korea konsolidierte ab 2011 seinen Beitragseinzugsprozess für die fünf wichtigsten Versicherungen: Arbeiterunfallversicherung, Krankenversicherung, Landesrente, Arbeitslosenversicherung und Langzeitpflegeversicherung. Ziel des konsolidierten Beitragseinzugssystems war es, Ineffizienzen aufgrund einander überschneidender Verwaltungsaufgaben auszumerzen und bessere Sozialversicherungsdienstleistungen anzubieten (Landesdienst für Krankenversicherung, 2021).

Die Umstellung auf eine integrierte Dienstleistungsplattform, wie sie in den Leitlinien der IVSS über Beitragseinzug und Einhaltung der Bestimmungen (IVSS, 2019c) empfohlen wird, umfasste drei Hauptmaßnahmen. Erstens wurden Gesetzesänderungen vorgenommen, die einen konsolidierten Einzug ermöglichen. Zweitens wurden die Geschäftsprozesse, Normen und Formulare gemäß dem integrierten Ansatz neu gestaltet. Angestellte, die aus anderen Institutionen zum Landesdienst gewechselt hatten, erhielten neue Aufgaben, und die Bestandsmitarbeitenden wurden für die neuen Dienstleistungsfunktionen geschult. Drittens wurde nach einer sechsmonatigen Pilotphase und zwei Vorabproben ein integriertes Informationserhebungssystem eingerichtet. Dank der Integration von Einzug, Meldung und Überprüfung konnten die Bearbeitungskosten deutlich gesenkt und die Nutzerfreundlichkeit stark erhöht werden.

Anstalt für soziale Sicherheit, Malaysia

Um doppelte Leistungsauszahlungen aufgrund des fragmentierten Systems der sozialen Sicherheit zu verringern, rief die Anstalt für soziale Sicherheit Malaysias (Social Security Organisation – SOCSO) das Programm für soziale Synergie (Social Synergy Programme – SSP) ins Leben, das nun als einheitliche Anlaufstelle für die soziale Sicherheit im Land dient (Anstalt für soziale Sicherheit, 2021). Eine IKT-Plattform mit dem Namen My Synergy System wurde entwickelt, um alle den SSP-Mitgliedern angebotenen Sozialversicherungsleistungen zu integrieren. Das zentralisierte Datenmanagementsystem dieser Anlaufstelle verhindert, dass sich die Leistungen der Bürger überschneiden. Außerdem erlaubt das System das Sammeln von Geschäftsdaten für die strategische Planung und Nachverfolgung. Das System wurde intern entwickelt, und im Vergleich zur Beauftragung externer Systementwickler erlaubte dies Einsparungen in Höhe von 1,5 Millionen Ringgit (MYR). 2021 nutzten insgesamt 53 Institutionen in Malaysia das My Synergy System.

Rentenkasse der Beamten, Oman

Die Rentenkasse der Beamten (Civil Service Employees Pension Fund – CSEPF) Omans setzte innerhalb des gesamten Systems eine Integration der Backoffice-Prozesse um und vernetzte ihr wichtigstes Renteninformationssystem mit den Systemen anderer staatlicher Behörden (Rentenkasse der Beamten, 2021). Die Hauptziele des integrierten Ansatzes waren die Bekämpfung von Betrug und Fehlern durch fehlende Aktualisierungen, weil Sterbedaten, Doppeleinträge und doppelte Auszahlungen nicht erfasst wurden. Das Renteninformationssystem ist nun mit sechs anderen Behörden vernetzt: (a) Landesregister für die standesamtlichen Informationen der Rentner und Beitragszahler, (b) Finanzministerium und Ministerium für den öffentlichen Dienst im Bereich des automatischen Imports von Lohndaten und der Beitragsberechnung, (c) Staatliche Behörde für Sozialversicherung (Public Authority for Social Insurance) für kassenübergreifende Funktionen, (d) Ministerium für Humanressourcen und Ministerium für Sozialentwicklung für die Leistungsvereinfachung.

Erzielte Ergebnisse

In Tabelle 1 sind die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst, welche die Mitgliedsinstitutionen durch Ansätze zur integrierten Dienstleistungserbringung erreicht haben.

Tabelle 1. Wichtigste Ergebnisse der integrierten Dienstleistungserbringung
Institution Erzielte Ergebnisse Koordinations- und Integrationsmodell Umfang des Datenaustauschs
Koordinierte Prozesse Gemeinsame Anlaufstelle Gemeinsames Informationssystem Gemeinsame Softwareanwendung Gemeinsame Betriebsplattform
MoHRSS, China
  • Die Bearbeitungszeit verringerte sich von 41 Tagen auf höchstens 20 Tage und betrug in einigen Fällen nur 1 Tag.
  • Die Zahl der auszufüllenden Felder auf dem Antrag nahm dank des Datenaustauschs und der elektronischen Bescheinigung um 82 Fragen ab.
  intern
ISSO, Iran
  • Fristgerechte Leistungsauszahlung an 3 500 000 Rentner in allen Versicherungszweigen.
        intern
NPS, Korea
  • 94,5 Prozent der Rentner erhielten ihre Rente direkt nach dem Anspruchserwerb.
  • Vernachlässigbare Rückforderungsquote wegen inkorrekter Zahlungen von 0,044 Prozent.
  • Einsparungen von 500 Mio. KRW bei den Kosten für die Dokumentenausgabe.
  • Nicht beantragte Renten in Höhe von 36,8 Mia. KRW aufgespürt und ausgezahlt.
        über­greifend
NHIS, Republic of Korea
  • Integrierte Einzugsquote von 98,5 Prozent im Jahr 2020.
  • Erhöhte Nutzerfreundlichkeit, da die Anzahl Rechnungen pro Nutzer von 5 auf 1 sank und statt 6 nun 10 Zahlungsmethoden zur Verfügung stehen.
  • Gestiegene Effizienz und verringerte Kosten:
    • Durch den geringeren Bearbeitungsaufwand konnten 521 Posten eingespart werden, was Arbeitskosteneinsparungen von 31 Mia. KRW entspricht.
    • Eingesparte Verwaltungskosten von 29 Mia. KRW dank der integrierten Meldung.
    über­greifend
SSO, Malaysia
  • Unterstützung von 2 460 Nutzern durch 6 813 Aktionen bis April 2021.
      über­greifend
CSEPF, Oman
  • Verbesserte Genauigkeit der monatlichen Einkommensdaten.
  • Bessere Performance, Genauigkeit und Überprüfung der personenbezogenen Informationen.
  • Erhöhte Genauigkeit der berechneten Auszahlungsbeträge durch Berücksichtigung anderer Renteninformationen.
  • Senkung der unrechtmäßig ausgezahlten Beträge durch Kontrolle der Systemausgänge anhand von Sterbedaten des Landesrentenamts.
        über­greifend

Erfolgsentscheidende Faktoren

Unabhängig von der Art der verfolgten Koordinations- oder Integrationsstrategie haben sich einige Faktoren bei den Mitgliedsinstitutionen als erfolgsentscheidend erwiesen:

Die strategischen Ziele und der Umfang der Integration müssen von den teilnehmenden Institutionen gemeinsam abgestimmt werden. Das Landesrentenamt der Republik Korea organisierte verschiedene Konsultationen zur Umstellung, und ein Konsens war besonders wichtig, da Gesetzesänderungen erforderlich waren. Ähnlich betonte der Landesdienst für Krankenversicherung der Republik Korea, wie wichtig es sei, eine dreigliedrige Vereinbarung (Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Regierung) in den beteiligten Ministerien und Institutionen zu erzielen, bevor die Beitragseinzugsprozesse konsolidiert werden konnten.

Unabhängig von der gewählten Integrationsstrategie ist eine wirksame Zusammenarbeit entscheidend, wenn die Dienstleistungen gebündelt werden sollen. Dieser Faktor ist sogar noch wichtiger, wenn eine systemübergreifende Integration angestrebt wird, die über den Zuständigkeitsbereich einer einzelnen Behörde hinausgeht. Das Landesrentenamt der Republik Korea richtete besondere Ausschüsse und Taskforces ein, die ständig an einem Konsens arbeiten und Verzögerungen aufgrund von Streit oder konkurrierenden Prioritäten der beteiligten Behörden vermeiden sollen. Die Anstalt für soziale Sicherheit Malaysias achtete besonders auf den wahrgenommenen Autonomieverlust der an der zentralen Plattform beteiligten Behörden und verfolgte deshalb eine unverbindliche Vorgehensweise, dank der die Behörden ihre bestehenden Strategien und Verfahren beibehalten konnten. Um weitere Anreize für eine Beteiligung von Behörden zu setzen, bot die Anstalt den Koordinatoren aus den beteiligten Behörden kostenlose Weiterbildungen über soziale Sicherheit und über die Vorteile der Plattform an.

Eine Frontoffice-Integration lässt sich zwar durch physische oder digitale Schnittstellen erreichen, aber zahlreiche Länder stellten gleich auf ein zentrales Online-Fenster um, um die Effizienz zu erhöhen. Angesichts des Risikos, digital nicht affine Menschen zu übergehen, verstärkte das chinesische Ministerium für Humanressourcen und soziale Sicherheit seine Anstrengungen, allgemein mehr Menschen zu erreichen und in einer intensivierten Kommunikation mit den Rentnerinnen und Rentnern auf die integrierte Online-Plattform hinzuweisen.

Für die Datenintegration im Backoffice ist vor allem eine normbasierte Interoperabilität entscheidend. Interoperabilität bezeichnet die Fähigkeit unterschiedlicher Systeme und Institutionen, im Hinblick auf den Datenaustausch zusammenzuarbeiten. Untersuchungen in den Ländern der Region haben gezeigt, dass Interoperabilitätsnormen, die eine gemeinsame Sprache für die Kommunikation zwischen Systemen ermöglichen, zu den wichtigsten Bausteinen einer Integration des öffentlichen Sektors gehören (ESCWA, 2017). Wenn Systeme voneinander getrennt entworfen werden, sind sie oft nicht interoperabel, was den Datenaustausch erschwert und auch verteuert. Die Rentenkasse der Beamten Omans war aufgrund von Unterschieden hinsichtlich der von den Behörden verwendeten Technologien, Datenbanktypen, Netzwerkgeräten usw. mit Engpässen konfrontiert. Diese Schwierigkeit sollte jedoch in Zukunft dank eines laufenden Projekts der Behörde für Informationstechnologie Omans, das nationale und behördenübergreifende Standards für neue IKT-Produkte entwickelt, behoben werden.

Die Backoffice-Integration und Backoffice-Koordination mit anderen Systemen kann ein zweischneidiges Schwert sein, da die Systemperformance hinsichtlich Datenqualität, Verfügbarkeit, Termintreue usw. auch von der Performance der einzelnen, gemeinsam genutzten Systeme abhängig ist. Initiativen aus anderen Regionen zur Verknüpfung administrativer Register für die Erbringung von Dienstleistungen sozialer Sicherheit lassen es als angebracht erscheinen, dass man dieses Risiko von Beginn an einzudämmen versucht (Bartholo et al., 2018). Die Rentenkasse der Beamten Omans minimierte diese Risiken, indem eine Schnittstellendatenbank eingerichtet wurde, die die Daten speichert und regelmäßig aktualisiert.

Die Integrationsansätze in den verschiedenen Ländern haben stets eine zentralisierte Datenverwaltung und einen zunehmenden Datenaustausch zur Folge, was die Sorge um Datenschutz und Datensicherheit wachsen lässt. Es herrscht vermehrt Einigkeit darüber, dass die Datenaustausch- und Erbringungsmodelle überarbeitet werden müssen, um die Rechte der Nutzer, die letztlich die Dateninhaber sind, besser zu schützen (Bedi und Sinha, 2021). Bei der Umsetzung integrierter Ansätze agierten zahlreiche Mitgliedsinstitutionen als Vorreiter, indem sie von Beginn an auf einen soliden Datenschutz achteten. Das Landesrentenamt der Republik Korea führte ein Überwachungssystem rund um die Uhr ein, um Datenschutzverletzungen vorzubeugen und gegebenenfalls dagegen vorzugehen. In ähnlicher Weise machte es die Massenerhebung personenbezogener Daten durch den koreanischen Landesdienst für Krankenversicherung erforderlich, dass die Governance und die eingerichteten technischen Systeme ausgebaut wurden, um möglichen Sicherheitsproblemen vorzubeugen.

Schlussfolgerungen

Die Koordination von Programmen der sozialen Sicherheit durch verschiedene Verwaltungsebenen (vertikale Koordination) und durch verschiedene Behörden (horizontale Koordination) hat sowohl strategische als auch operative Vorteile (Barca, 2017; Lindert et al., 2020). Aus strategischer Sicht können integrierte Ansätze den politischen Entscheidungsträgern dabei helfen, Ziele, Programme und Bevölkerungsgruppen ausgewogen zu priorisieren und gleichzeitig durch eine geeignete Programmzusammenstellung auf die unterschiedlichen Bedürfnisse gefährdeter Personen einzugehen (IAO et al., 2021).

Aus operativer Sicht können durch eine Konsolidierung der Erbringungssysteme und Geschäftsprozesse doppelt geführte Verwaltungsvorgänge vermieden und die Nutzerfreundlichkeit deutlich erhöht werden. Potenziell führt eine stärkere Integration zu höheren Effizienzgewinnen und zu einer besseren Wirksamkeit der Dienstleistungserbringung. Doch es gibt zahlreiche Herausforderungen und Risiken, die bei der Einführung integrierter Dienstleistungserbringungsmodelle zu beachten sind. Die Institutionen der sozialen Sicherheit sollten explizite Vorkehrungen gegen zunehmende Komplexität, gegen die erhöhte Gefahr von Datenschutzverletzungen und gegen die digitale Ausgrenzung von Bevölkerungsteilen treffen, wenn sie auf dem Pfad der Dienstleistungsintegration weiter voranschreiten möchten. Außerdem darf nicht unterschätzt werden, wie wichtig es ist, dass die beteiligten Behörden sich auf einen gemeinsamen Ansatz einigen. Die Verwaltungskapazitäten der Institutionen – insbesondere in den Bereichen IKT und Geschäftsprozesse – sind elementare Faktoren, wenn es darum geht, eine koordinierte und integrierte Dienstleistungserbringung erfolgreich umzusetzen.

Referenzen

Anstalt für soziale Sicherheit. 2021. Programm für soziale Synergien: Die erste Plattform für soziale Sicherheit in Malaysia (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

Anstalt für soziale Sicherheit. 2022. Social synergy programme (Präsentation am Virtuellen Forum für Asien und den Pazifik 2022). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

Barca, V. 2017. Integrating data and information management for social protection: Social registries and integrated beneficiary registries. Canberra, Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und Handel.

Bartholo, L., Mostafa, J., Osorio, R. G. 2018. Integration of administrative records for social protection policies: Contributions from the Brazilian experience (Working Paper No. 169). Brasilia, International Policy Centre for Inclusive Growth.

Bedi, P., Sinha, A. 2021. Rethinking data exchange & delivery models. Delhi, Centre for Internet & Society.

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IVSS. 2019a. Leitlinien der IVSS über Informations- und Kommunikationstechnologie (Erweiterte Auflage). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2019b. Leitlinien der IVSS zur Dienstleistungsqualität (Erweiterte Auflage). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2019c. Leitlinien der IVSS über Beitragseinzug und Einhaltung der Bestimmungen (Erweiterte Auflage). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

Landesdienst für Krankenversicherung. 2021. Konsolidierter Beitragseinzug dank Digitalisierung - Konsolidierter Beitragseinzug für fünf Sozialversicherungen und der Weg der Digitalisierung in die Zukunft (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

Landesdienst für Krankenversicherung. 2022. Consolidated collection management of five social insurance contribution and way forward on digitalization (Präsentation am Virtuellen Forum für Asien und den Pazifik 2022). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

Landesrentenamt. 2021. Elektronischer Informationsaustausch unter Organisationen für die Bereitstellung eines „3-less“-Services und die Ermittlung unbekannter Leistungsansprüche (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

Landesrentenamt. 2022. Benefits of information sharing among authorities: Providing one-stop service and unveiling unclaimed (Präsentation am Virtuellen Forum für Asien und den Pazifik 2022). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

Lindert, K. et al. (Hrsg.). 2020. Sourcebook on the foundations of social protection delivery systems. Washington, DC, Weltbankgruppe.

Ministerium für Humanressourcen und soziale Sicherheit. 2021. Zentrales Portal mit integrierten Dienstleistungen für Rentner von Unternehmen (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

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Rentenkasse der Beamten. 2021. Systemintegration mit anderen staatlichen Behörden (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

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