In der sozialen Sicherheit lässt sich ein One-Stop-Shop als einziger Zugangspunkt zu mehreren Organisationen oder Diensten der sozialen Sicherheit für die Bereitstellung von Dienstleistungen in einem gewissen Gebiet definieren. Im weitesten Sinn soll ein One-Stop-Shop den Zugang zu einem umfassenden Dienst so weit wie möglich vereinfachen durch den Zugang an einem einzigen Ort und einen einzigen Besuch, bei dem der Bürger höchstens mit einer oder zwei Personen interagiert. One-Stop-Shops werden gewöhnlich eingerichtet, um aufgeteilte Dienste der sozialen Sicherheit zusammenzuziehen und die Überschneidungen zwischen ihnen zu verbessern und Verbindungen zu weiteren Sektoren zu schaffen.
One-Stop-Shops können analog sein mit Kundenzentren oder digital mit über Internet zugänglichen Online-Diensten. Dieser Artikel konzentriert sich ausschließlich auf Erfahrungen mit Online-One-Stop-Shops.
Diese Art von Diensten ist zwar nicht neu – es gibt Beispiele seit den 1990er Jahren – sie fanden aber im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts starke Verbreitung. Kubicek und Hagen (Kubicek und Hagen, 2000) beleuchten die wichtige Rolle, die sie in modernen öffentlichen Verwaltungen spielen, und unterscheiden je nach Reichweite der bereitgestellten Funktionalität drei Arten: (i) First Stop, ein Informationsschalter, der die Bürger zu den relevanten Diensten weiterweist, (ii) Convenience Store, in dem viele verschiedene Transaktionsdienstleistungen über einen einzigen analogen oder virtuellen Standort zugänglich sind, und (iii) True One-Stop, der viele der von einer bestimmten Kundengruppe benötigten Dienstleistungen integriert.
Seit 2012 drängt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihre Mitgliedstaaten, die Chancen von Technologie und One-Stop-Shops zu nutzen, um der Allgemeinheit in gestraffter Form und benutzerfreundlich Dienstleistungen zu erbringen (OECD, 2012 und OECD, 2020). Eine Umfrage der UN-Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten (UNDESA) von 2016 über die Entwicklung von E-Government ergibt einen globalen Trend hin zu Bereitstellung von Dienstleistungen über Online-One-Stop-Shops (UNO, 2016).
In ihren Leitlinien empfiehlt auch die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) die Entwicklung von zentralen Anlaufstellen (One-Stop-Shops), denn damit können die Institutionen öffentliche Dienstleistungen einfacher und unter Vermeidung bürokratischer Hindernisse erbringen. Die IVSS hat sogar schon ein Fachseminar zum Thema Verbesserung der Dienstleistungserbringung in der sozialen Sicherheit abgehalten, das sich auf das One-Stop-Shop-System für Dienstleistungen der sozialen Sicherheit konzentrierte.
Es gibt keine einheitlichen One-Stop-Modelle oder -Ansätze, da sie sich je nach Sektor und nach Tragweite der jeweiligen Programme unterscheiden. Ein weiterer Faktor ist die Zahl der beteiligten Organisationen, mit einer klaren Unterscheidung zwischen One-Stop-Shops, die Dienstleistungen von einer einzigen Institution bereitstellen (intrainstitutionell), und interinstitutionellen Modellen, die Dienstleistungen von mehreren Institutionen oder verschiedenen Regierungsebenen (z. B zentral, regional, lokal) anbieten.
One-Stop-Shop-Projekte können auch die Neugestaltung öffentlicher Dienste ermöglichen, indem sie interne Abläufe, auf denen sie beruhen, neu gestalten. Sie lassen sich auch je nach Tiefe der damit verbundenen Veränderungen ordnen, wobei zwischen jenen Entwicklungen zu unterscheiden ist, die interne Abläufe neu gestalten, und einfachsten digitalen Kanälen, die für bestehende Prozesse genutzt werden, die weiter so funktionieren wie vor der Einführung des One-Stop-Systems.
Kriterium | Arten von One-Stop-Shops |
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Reichweite der Funktionalität | First Stop: Dienst, der Informationen zum Verfahren bietet, darunter Leitlinien, FAQs und herunterladbare Formulare und Dokumente. Convenience Store: Bezieht Transaktionsdienstleistungen ein und ermöglicht somit den Abschluss kompletter Verfahren. Benötigt Beschränkungen des Nutzerzugangs. True One-Stop: Integriert die meisten von Bürgern benötigten Dienstleistungen. |
Zahl der beteiligten Organisationen | Intrainstitutionell: Bietet von einer einzigen Institution angebotene Dienstleistungen. Interinstitutionell: Bietet von verschiedenen Institutionen oder Regierungsebenen angebotene Dienstleistungen. |
Grad der Umsetzung | Empfangsschalter: Digitalisierung von Kanälen für Kundendienstleistungen auf Basis bestehender Abläufe. Neugestaltung: Neuformulierung interner Abläufe. |
One-Stop-Shop-Ansätze in der sozialen Sicherheit
Die Entwicklung eines One-Stop-Shops wird von den Leitlinien der IVSS über Dienstleistungsqualität (IVSS, 2019a) abgedeckt. Zu dem Thema gibt es sogar eine eigene Leitlinie (Leitlinie 13: „Zentrale Anlaufstellen“), die für alle unten vorgestellten Fallstudien eine Rolle spielt. Letztere stützen sich auch auf die Leitlinien der IVSS über Informations- und Kommunikationstechnologie (IVSS, 2019b).
Die große Zahl von Beispielen guter Praxis in diesem Bereich, die für den IVSS-Preis für gute Praxis für Amerika 2020 eingereicht wurden, sowie all jene, die im Rahmen anderen IVSS-Tätigkeiten in Erscheinung getreten sind, zeigt, dass die Einrichtung von One-Stop-Shops für Institutionen der sozialen Sicherheit ein brandaktuelles Thema ist. Nachstehend wird eine Reihe verschiedener institutioneller Ansätze beschrieben.
Argentinien
Argentiniens Bundesverwaltung der Staatseinnahmen (Administración Federal de Ingresos Públicos – AFIP) hat einen One-Stop-Shop gestartet, um die formale Integration von so genannten Monotributistas, die ihre Steuern und Sozialbeiträge in Form eines monatlichen Einheitsbetrags entrichten, zu fördern (AFIP, 2017). Auf diese Bevölkerungsgruppe entfallen 60 Prozent der Steuerzahler, aber nur 1 Prozent der Steuereinnahmen. Es handelt sich um eine große Gruppe mit wenig Wissen über die Bestimmungen. Für deren Bedürfnisse wurde eine Lösung zu minimalen Kosten entworfen, die möglichst einfach über eine ausschließlich für diese Kategorie von Arbeitnehmern vorgesehene Website funktioniert.
Dieser One-Stop-Shop ist rund um die Uhr verfügbar, der Zugang wird durch einen Benutzernamen und ein Passwort geschützt. Diese Website bietet den Monotributistas Zugang zu allen Diensten, die sie benötigen könnten, von der anfänglichen Registrierung bis zu ihrem Abgang aus dem System. Sie können die Site von jedem Mobilgerät aus oder über einen Webbrowser erreichen.
Der One-Stop-Shop der AFIP für Monotributistas ist ein True One-Stop, intrainstitutionell und transformationell.
Brasilien
Brasiliens Landesanstalt für soziale Sicherheit (Instituto Nacional do Seguro Social – INSS) und DATAPREV – Unternehmen für Information und Technologie der sozialen Sicherheit (Empresa de Tecnologia e Informacões da Previdência Social) errichtete im Rahmen der Initiative Meu INSS (Meine INSS) einen One-Stop-Shop (DATAPREV, 2020; INSS, 2020).
Diese Initiative umfasst ein Kundenbetreuungszentrum, das Teledienstleistungen anbietet, mit Hilfe von Technologie den Zugang der Bürger zu INSS-Dienstleistungen von zu Hause aus ermöglicht und so hilft, den Zugang zur sozialen Sicherheit universeller zu machen.
Meu INSS bietet den Bürgern eine Plattform, über die sie Formalitäten bequem und in Ruhe erledigen können. Mit dem Leitgedanken, die Bürokratie zu verringern und Effizienz und Wirksamkeit der öffentlichen Dienste zu fördern, sollte es die Zahl der Anfragen erhöhen und die Unterstützung aus der Distanz verbessern, wobei Transparenzkriterien und Kontrollen feste Bestandteile des Systems sind. Das Kundenbetreuungszentrum vereint Online-Dienste auf einer einzigen Plattform, die ein von der brasilianischen Bundesregierung eingerichtetes zentralisiertes Zugangssystem nutzt. Die wesentlich verbesserte Kundenerfahrung macht es für die Begünstigten attraktiv.
In Verbindung mit diesem Prozess werden regulatorische Veränderungen angestrebt, um die Bestätigung durch Unterschrift auf Dokumenten abzuschaffen. Abläufe werden so angepasst und Systeme integriert, dass letztendlich die automatische Gewährung oder Ablehnung von Leistungen möglich wird. Das Ziel ist es, sowohl die Warteschlangen in den Geschäftsstellen als auch die Wartezeiten für die Gewährung von Leistungen zu verringern.
Der in Brasilien eingerichtete soziale One-Stop-Shop ist ein True One-Stop, interinstitutionell und transformationell.
Mexiko
Die Mexikanische Anstalt für soziale Sicherheit (Instituto Mexicano del Seguro Social – IMSS) hat im Rahmen ihrer Initiative Meine digitale Rente (Mi Pensión Digital) einen Online-One-Stop-Shop für die Gewährung von Altersrenten und Vorruhestandsabfindungen entwickelt (IMSS, 2020).
Die Herausforderung für die IMSS war es, den Ablauf zur Gewährung von Renten zu straffen und zu digitalisieren, und ihn dabei einfacher und transparenter zu gestalten, sodass Bürger Zugriff auf ihre Daten haben, die jeweiligen Vor- und Nachteile eines Renteneintritts bewerten können und im Voraus ermitteln können, wie viel Einkommen sie erhalten werden. Vor Einführung von Mi Pensión Digital war die den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehende Information unangemessen und sogar unvollständig. Der Vereinfachungsprozess begann mit der Überprüfung der Betriebsabläufe, der Verringerung der Zahl der für die Gewährung einer Rente benötigten Dokumente und der notwendigen Änderungen der Bestimmungen.
Digitalisierung ging mit Modernisierung einher, da Technologie eingesetzt wurde, um die Zahl der Behördengänge bei einer IMSS-Geschäftsstelle zu verringern und zugleich die Interoperabilität der Abläufe innerhalb der IMSS selbst und mit anderen Institutionen zu fördern. So erhielt die Mehrheit der Versicherten Zugang zu Online-Dienstleistungen. Die Digitalisierung und Ausweitung der Dienstleistungen begann mit den Altersrenten und wurde dann auf die übrigen von der Institution gewährten Renten ausgeweitet.
Die IMSS verwendete einen intrainstitutionellen (da er nur interne Prozesse betraf) Convenience-Store-Ansatz, der die Neugestaltung der Dienstleistungen beinhaltete.
Peru
EsSalud – Sozialversicherung für Gesundheit (EsSalud – Seguro Social de Salud) in Peru errichtete eine virtuelle integrierte Plattform für Versicherte (Ventanilla Integrada Virtual del Asegurado – VIVA). Dieser One-Stop-Shop ist über jedes Gerät mit Internetanschluss zugänglich und steht in Einklang mit der nationalen Politik der Modernisierung des öffentlichen Dienstes, die den Übergang von einem Modell der Präsenzbetreuung zu einem aus der Distanz vorsieht (EsSalud, 2020).
VIVA soll nicht nur den Leistungsempfängern einen neuen Kanal bieten, über den sie Transaktionen ausführen und ihre EsSalud-Daten einsehen können, sondern auch die Dienstleistungsqualität verbessern, indem die Zeit für die Durchführung von Versicherungs- und Rentenverfahren verkürzt wird.
Diese Initiative wurde im Kontext der COVID-19-Gesundheitskrise ergriffen und stellte den Zugang zu Dienstleistungen in einem Lockdown-Szenario sicher.
EsSaluds One-Stop-Shop ist ein intrainstitutioneller Convenience Store. Er verwendet einen Empfangsschalteransatz, da er keine Neugestaltung der Abläufe beinhaltet.
Uruguay
Uruguays Bank für Sozialversicherung (Banco de Previsión Social – BPS) startete ihren ersten One-Stop-Shop 2005 gemeinsam mit der uruguayischen Generaldirektion für Steuern (Dirección General Impositiva – DGI). Dieser One-Stop-Shop vereint die Beitrittsformalitäten der Institutionen (Anmeldung, Änderung und Schließung), um die Einhaltung der Steuerpflicht zu ermöglichen, die Verwaltungsaufgaben der Steuerbehörden zu erleichtern und die damit verbundenen Kosten zu senken. Die Plattform stützt sich auf eine gemeinsame Agenda, die den Beitragsleistenden einen reaktionsfreudigeren Service und kürzere Wartezeiten bieten soll.
Dieser One-Stop-Shop ist ein Beispiel für einen interinstitutionellen (da er mehr als eine Institution erfasst) Convenience Store. Er hat eine Empfangsschalterfunktion, da er keine Neugestaltung der Abläufe erfordert, sondern nur die Anmeldeformulare vereinheitlicht.
2012 wurden auch die Applikationen für die Datenerfassung aus diesen Formularen zusammengelegt und weitere Institutionen einbezogen. Allerdings behielt in dieser Phase noch jede Institution ihre internen Abläufe bei.
Eine weitere BPS-Innovation jüngeren Datums von 2014 ist der gemeinsame One-Stop-Shop der BPS und des Ministeriums für Arbeit und soziale Sicherheit (MTSS) für die Registrierung der Arbeitnehmer bei Antritt einer neuen Stelle oder Aufgabe der bisherigen Tätigkeit. Den Beitragszahlern soll ein Online-Kanal und eine mobile App angeboten werden, über die sie die Behörden in Echtzeit über den Beginn oder das Ende einer Tätigkeit informieren können.
In diesem Fall wurde der Ansatz eines One-Stop-Shop als Convenience Store gewählt, der sowohl interinstitutionell als auch transformationell ist.
Ergebnisse
Aus den verschiedenen Beispielen guter Praxis wird klar, dass die jeweiligen Institutionen One-Stop-Shops aus verschiedenen Gründen entwickeln. Somit sind auch die Ergebnisse ganz unterschiedlich. Allen Fällen gemein sind allerdings eindeutige Vorteile, die sich mit Qualitätsverbesserungsindikatoren quantifizieren lassen. Tabelle 2 fasst die erreichten Ergebnisse zusammen.
Erfahrung | Erreichte Ergebnisse |
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ARGENTINIEN – AFIP | Verbesserte Anteile freiwilliger Einhaltung der Bestimmungen und weniger Zahlungsrückstände. |
Verbesserte Zahlungsabläufe, wobei aus sieben Etappen zwei wurden. Verbessertes Verfahren zur Änderung des Status von Monotributistas, statt sieben Etappen sind es jetzt drei. |
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Einbeziehung eines Online-Unterstützungssystems, mit dem Monotributistas über eine Online-Chatfunktion Fragen stellen können. | |
BRASILIEN – INSS und DATAPREV | Automatische Entscheidungen zur Gewährung oder Ablehnung von Leistungen wurden von 2018 bis 2019 verzehnfacht, sodass 1,1 Millionen Fälle ohne menschliches Eingreifen bearbeitet werden konnten. |
Fünfunddreißig Millionen authentifizierte Benutzer wurden registriert und achtzehn Millionen luden die Applikation herunter. Die Zahl der Zugriffe wuchs exponentiell und erreichte 2019 160 Millionen. | |
MEXIKO – IMSS | 63 Prozent der von August 2019 bis Juni 2020 eingegangenen Anfragen (etwa 250 000 Vorgänge) liefen über das Online-Portal. In allen Fällen erhielten die Anspruchsberechtigten eine Schätzung der Rentenhöhe, bevor sie die Dokumentation unterzeichneten. |
Die Abläufe wurden gestrafft, die Zahl der erforderlichen Unterlagen für die Einleitung des Verfahrens wurde von acht auf drei gesenkt und Kontrollen und Interaktionen wurden automatisiert. | |
PERU – EsSalud | Übergang zu einem 24/7 verfügbaren Online-Mechanismus, wodurch die durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Versicherungs- oder Rentenverfahrens über VIVA auf drei Minuten verkürzt wurde. |
Deutliche Zunahme der Zahl der Nutzer und der Transaktionen. Diese Zunahme begann mit der Einführung des One-Stop-Shops, im ersten Quartal 2020 kam es jedoch zu einem stärkeren Wachstum infolge der Gesundheitskrise. In diesem Quartal nahm die Zahl der Benutzer um 769 Prozent zu und die Zahl der Transaktionen um 384 Prozent. | |
URUGUAY – BPS | Bessere Qualität der Informationen, die von der Bank für Sozialversicherung und der Generaldirektion für Steuern geteilt werden, wobei der Datenabgleich unter den beiden Einrichtungen entfiel und die Zeiten für die Registrierung von Beitragszahlern klar verkürzt werden konnten. |
Bequemere Registrierung von Beitragszahlern, mit der Möglichkeit, dies in jedem Büro der BPS oder der DGI oder über die Website dieser beiden Institutionen, die beide die gleiche Web-Applikation verwenden, zu erledigen. | |
Im Fall des One-Stop-Shops mit dem Arbeitsministerium wurden Informationen über die Tätigkeitsperioden von Arbeitnehmern zusammengelegt, sodass beide Institutionen dieselbe Datenbank verwenden. |
Kritische Faktoren
Alle hier vorgestellten Fälle beleuchten einhellig einige Faktoren, die für die Umsetzung eines One-Stop-Shops im Bereich der sozialen Sicherheit kritisch sind.
Der erste davon betrifft das Vorhandensein von Fähigkeiten in der Institution selbst und die Einbindung der höchsten Führungsebene. In ihrer guten Praxis betonte EsSalud die Sicherstellung der Unterstützung durch Führungskräfte und die relevanten politischen Entscheidungen, die die Initiative begleiten. Sie sorgte auch für Schulungen interner und externer Nutzer und erhöhte die Bekanntheit der VIVA-Plattform in einer Reihe von Medien. Die BPS erwähnte ebenfalls, dass der Erfolg ihrer interinstitutionellen One-Stop-Shops weitgehend auf der Unterstützung durch die höchste Führungsebene und politische Entscheidungen beruhte, die beide Initiativen begleiteten.
Der zweite Faktor betrifft die Fähigkeit einer Institution, ihre Verfahren und Regeln anzupassen und zu vereinfachen. Bei der IMSS wurden zum Beispiel zugleich mit der Vereinfachung der Abläufe auch die Regeln vereinfacht. Dies wurde weitgehend durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie ermöglicht, insbesondere die Verwendung fortschrittlicher digitaler Signaturen, sodass das ganze Verfahren digital abgewickelt werden konnte.
In Brasilien führten die INSS und DATAPREV eine umfassende Lösung ein, die eine digitale Neugestaltung durch die Vereinfachung der internen Regeln und Verfahren sowie durch die Zusammenlegung verschiedener Datenbestände vorsah. So konnten sie eine innovative Lösung für das gesamte Dienstleistungsprogramm mit starker Betonung von Zugänglichkeit und Benutzererfahrung anbieten.
In Peru konzentriert sich EsSalud darauf, die VIVA-Plattform laufend zu aktualisieren, sodass sie auf jegliche neu auftretenden Bedürfnisse eingehen kann. Beispielsweise erforderte die Pandemie, dass in kürzester Zeit neue Funktionalitäten zur Verfügung gestellt wurden.
Bei der BPS war die Einrichtung gemeinsamer Abläufe, Formulare und Systeme in verschiedenen Institutionen zentral für den Erfolg der lancierten One-Stop-Shops.
Eindeutig war schließlich auch die Bedeutung der Entwicklung einer Informations- und Kommunikationsstrategie. In Mexiko konzentrierte die IMSS ihre Kommunikationsstrategie auf ihre Abläufe der Kundenbetreuung -orientierung und -information. In Argentinien strebte die AFIP eine Neugestaltung ihrer Beziehung mit Monotributistas an, die auf dem Grundsatz „Einhaltung der Bestimmungen ist ein Kinderspiel“ beruhte.
Schlussbetrachtung
One-Stop-Shops werden von Institutionen der sozialen Sicherheit immer häufiger eingesetzt. Es gibt viele verschiedene Ansätze dafür und die Wahl des Ansatzes hängt weitgehend von den jeweiligen Herausforderungen und Zielen ab.
Unabhängig vom verwendeten Ansatz sind die Vorteile klar. Den Bürgern ersparen One-Stop-Shops Zeit und Geld, indem sie die Notwendigkeit verringern, Formalitäten in Geschäftsstellen zu erledigen. Sie ermöglichen auch mehr Transparenz. Aus Sicht der Institutionen ermöglichen Sie effizientere und wirksamere Interaktionen zwischen Bürgern und Behörden, indem sie die Abläufe straffen, die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Stellen verbessern und so die Kosten senken. Zugleich verbessert der stärkere Kundenfokus das Ansehen von und das Vertrauen zu der öffentlichen Verwaltung ganz allgemein.
Jeder Ansatz hat seine eigenen Stärken und Schwächen. Der Fokus auf eine kleine Zahl von Dienstleistungen oder ein spezialisierterer Ansatz erlaubt den Zuschnitt auf eine bestimmte Kundengruppe und stellt zusätzliche hauseigene Dienstleistungen bereit. Andererseits ermöglicht ein One-Stop-Shop mit mehr Reichweite die Bereitstellung von Dienstleistungen für eine größere Bevölkerungsgruppe, benötigt aber spezialisierte Arbeitskräfte.
Entsprechend erfordert ein einfacher One-Stop-Shop in einer einzigen Institution oder Abteilung weniger Koordination und Zusammenlegung und kann daher mehr Flexibilität beim Eingehen auf die spezifischen Bedürfnissen einer Zielgruppe bieten, während ein komplexer One-Stop-Shop für mehr als eine Organisation oder Abteilung mehr Kontrollen und Standardisierung erfordert.
Und während transformationelle One-Stop-Shops eine gute Möglichkeit sind, tiefgreifende Veränderungen an internen Verfahren vorzunehmen, sind sie auch wesentlich schwieriger umzusetzen.
Kurz gesagt haben sich Online-One-Stop-Shops als wertvolle und vielversprechende Lösungen für die effiziente und wirksame Maximierung des Zugangs zu Dienstleistungen der sozialen Sicherheit bewährt. Bestehende One-Stop-Shops bieten Zugang über das Internet und Mobilgeräte und verwenden Optionen der Benutzeridentifizierung, die angemessene Zugangsbeschränkungen ermöglichen.
Im Kontext der COVID-19-Gesundheitskrise haben One-Stop-Shops ebenfalls eine wesentliche Rolle bei der Bereitstellung von Qualitätsdienstleistungen aus der Distanz gespielt, als es unmöglich war, Formalitäten persönlich in den Geschäftsstellen zu erledigen.
Referenzen
Bundesverwaltung der Staatseinnahmen. 2020. Zentrales Web-Portal für Monotributistas (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.
DATAPREV - Unternehmen für Information und Technologie der sozialen Sicherheit. 2020. Meu INSS: eine Erfolgsgeschichte in der digitalen Transformationsstrategie des brasilianischen Staats (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.
EsSalud - Sozialversicherung für Gesundheit. 2020. Virtueller Rundum-Serviceschalter der Versicherten (VIVA) (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.
IVSS. 2019a. Leitlinien der IVSS zur Dienstleistungsqualität (Erweiterte Auflage). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.
IVSS. 2019b. Leitlinien der IVSS über Informations- und Kommunikationstechnologie (Erweiterte Ausgabe). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.
Kubicek, H.; Hagen, M. 2001. One-stop-government in Europe: An overview. [S. l.].
OECD. 2012. Empfehlung des Rates zu Regulierungspolitik und Governance. Paris, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
OECD. 2020. One-stop shops for citizens and business (OECD best practice principles for regulatory policy). Paris, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Auch erhältlich auf Französisch.
Landesanstalt für soziale Sicherheit. 2020. Meu INSS – Dienstleistungszentrum (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.
Sozialversicherungsanstalt Mexikos. 2020. Meine Rente digital (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.
UNO. 2016. United Nations e-government survey: E-government for sustainable development. New York, NY, Vereinte Nationen – Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten.