In zahlreichen Rechtssystemen der Welt sind die Träger der sozialen Sicherheit verpflichtet, „als letztes Mittel“ für Menschen mit Behinderungen eine finanzielle Unterstützung sowie Dienstleistungen zu erbringen. Meistens erreichen Menschen mit Behinderungen diesen Punkt, nachdem sie viele andere Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung und fachlichen Dienstleistung ausgeschöpft haben, mit einer oft langwierigen und schwierigen Anspruchsprüfung über körperliche, psychosoziale und wirtschaftliche Einschränkungen. Dieses Verfahren führt dazu, dass es weltweit nur wenige Abgänge aus den Leistungsprogrammen der sozialen Sicherheit gibt. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ermittelt, dass es fast nie dazu kommt, dass Personen ein System für Langzeitinvalidenleistungen verlassen, um in eine Beschäftigung zurückzukehren (OECD, 2009). Dies lässt den Trägern der sozialen Sicherheit, nachdem die Menschen mit Behinderungen erst einmal als Sicherungsfall anerkannt worden sind, nur höchst begrenzte reaktive und kundenorientierte Möglichkeiten der Programm- und Maßnahmengestaltung.
Es ist allgemein anerkannt, dass ein relativ kleiner Anteil der Leistungsfälle einen überwältigenden Teil der Gesamtkosten für Langzeitinvalidität ausmacht. Diese Tatsache steht eindeutig im Zusammenhang damit, dass nach mehr als sechs Monaten Abwesenheit vom Arbeitsplatz die Quote der Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit stark abnimmt. Um diese große Herausforderung anzugehen, haben die Träger der sozialen Sicherheit, allen voran die Unfallversicherungsträger, besondere Maßnahmen ergriffen, wie etwa eine Steuerung der Leistungsfälle im Sinne eines Reha-Management als Teil ihrer operativen Verfahren.
Vereinfacht gesagt, besteht die einzige nachhaltige Lösung dieser wirtschaftlichen und sozialen Herausforderung für einen Träger der sozialen Sicherheit darin, das arbeitsrechtliche Umfeld so zu beeinflussen, dass Beschäftigte, die sich eine zur Behinderung führende Verletzung oder Krankheit zugezogen haben und wodurch das Risiko besteht, den Arbeitsplatz zu verlieren (mit den möglichen zahlreichen damit einhergehenden negativen Folgen), in einem wirtschaftlich machbaren und fortgesetzten Beschäftigungsverhältniss verbleiben. Der Weg vom Leistungsempfang zum Arbeitsmarkt Menschen, die einen Unfall oder eine Krankheit erlitten haben und die nun mit einer vorübergehenden oder langfristigen körperlichen Beeinträchtigung leben müssen, erhalten die Möglichkeit, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren und dank Programmen zur Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit einen Beitrag zur Wirtschaft zu leisten. Eine Behinderung ist kein auf lange Zeit statischer Zustand, sondern sie unterliegt einem dynamischen Prozess, der mit den richtigen Maßnahmen beeinflusst und verbessert werden kann. Jeder Träger der sozialen Sicherheit sollte deshalb auf ein Programm mit Präventions- und Gesundheitsförderungsstrategien verweisen, um die Unternehmen beim Ermitteln der Gründe für langfristige Krankheitsurlaube zu unterstützen und sie in einer sehr frühen Phase, noch bevor Entschädigungszahlungen anfallen, bei der Suche nach Lösungen mit besseren Gesundheitsbedingungen für die Beschäftigten zu beraten. Von staatlichen Stellen betriebene Sozialversicherungen sind an das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Personen mit Behinderungen (Behinderten-rechtskonvention, BRK) gebunden. Gemäß Artikel 27 Absatz 1(k) haben die Vertragsstaaten Programme für die berufliche Rehabilitation, den Erhalt des Arbeitsplatzes und den beruflichen Wiedereinstieg von Menschen mit Behinderungen zu fördern. Die Entscheider von Trägern der sozialen Sicherheit sind auf dem richtigen Weg, wenn sie in ihrer Organisation eine Initiative (einen Aktionsplan) umsetzen, um die Effizienz der Programme zur Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit zu steigern und gleichzeitig einen Beitrag zur Umsetzung der BRK in ihrem Land zu leisten.
Zu den arbeitsplatzbezogenen Programmen zur Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit gehören allgemein Organisationsstrukturen, Maßnahmen und Verfahren an einem Arbeitsplatz, die sicherstellen sollen, dass für Personen, deren Weiterbeschäftigung aufgrund einer Behinderung nach einer Verletzung oder Krankheit bedroht ist, ein fortgesetztes Arbeitsverhältnis bestehen bleibt.
Eine wirtschaftlich machbare und tragfähige Weiterbeschäftigung verletzter, erkrankter oder behinderter Arbeitnehmer bietet die Chance, dass diese nicht von einem System der sozialen Sicherheit abhängig werden, sondern an allen Aspekten der Gesellschaft teilhaben und vollwertige, wirtschaftlich und sozial Beitragende bleiben.
Die Auswirkungen des Verlustes der Arbeitsstelle für Menschen mit Behinderungen zeigen sich durch die Tatsache, dass sie weltweit mit überproportional großer Armut und einer markant höheren Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung zu kämpfen haben und oft in allen Bereichen der Gesellschaft ausgegrenzt werden.