Geschäftsprozesse sind vereinfacht gesagt durchgehende Bearbeitungspfade einschließlich aller Aufgaben und Informationsflüsse. Geschäftsprozesse verlaufen oft abteilungs- oder sogar institutionsübergreifend. Gewöhnlich beginnen sie mit einem Antrag oder Bedarf eines Kunden und enden mit einem Ergebnis für den Kunden und die Institution. In einem Geschäftsprozessmodell werden verschiedene miteinander zusammenhängende Geschäftsprozesse beschrieben, und es wird festgelegt, wie bestimmte Operationen ausgeführt werden, um die Ziele der Institution zu erreichen.
Der prozessbasierte Ansatz in der Verwaltung der sozialen Sicherheit beruht auf guter Praxis und soll ein gemeinsames Mittel bieten, um die Tätigkeiten einer Institution der sozialen Sicherheit zu beschreiben. Die allgemeine Steuerung der Geschäftsprozesse der sozialen Sicherheit umfasst alle Geschäftsbereiche, von der Erfassung der Versicherten über den Beitragseinzug, die Buchhaltung und die Finanzen, die Leistungsauszahlung, das Einspruch- und Beschwerdemanagement, die Planung und Bewertung bis hin zur Verwaltung der Geldleistungen für Renten, Krankheit und Krankenversicherung, Arbeitslosigkeit, Mutterschaft und Familien.
In diesem Kapitel werden die damit verbundenen Herausforderungen aufgezählt und Empfehlungen zur Umsetzung eines prozessbasierten Ansatzes in Institutionen der sozialen Sicherheit ausgesprochen. Der größte Nutzen dieses Ansatzes besteht darin, dass in den Programmen ähnliche Abläufe erkannt werden können, so dass bei der Entwicklung und beim Betrieb der Systeme Größenvorteile genutzt und die Operationen sowohl für die Nutzer und Kunden als auch für die Mitarbeiter, die für die Aufgaben zuständig sind, durch Standardisierung vereinfacht werden können.
Die wichtigsten operativen Geschäftsprozesse sind:
- Erfassung aller Arten von Beitragszahlern und Leistungsempfängern;
- Beitragseinzug für alle Arten von Beitragszahlern, einschließlich der Einholung der Lohnerklärungen und Gehaltsabrechnungen, des Einzugs der Beiträge und der Festlegung der Beiträge und Prämien;
- Verwaltung der Geldleistungen:
- Bearbeitung der Leistungsanträge für alle Systeme;
- Kontrolle und Leistungsberechnung, einschließlich der Prüfung der Anspruchsvoraus-setzungen und anderer Kontrollen sowie Entscheidungen über Anspruchsberechtigung und Berechnung der auszuzahlenden Beträge;
- Auszahlung der Geldleistungen;
- Verwaltung von Einsprüchen und Beschwerden sowie von Entschädigungen;
- ständige Bewertung der operativen Prozesse durch Ermittlung der Leistungsindikatoren.
Die Hauptziele dieses Kapitels lauten:
- Formulierung von Empfehlungen für die Umsetzung der wichtigsten Geschäftsprozesse der sozialen Sicherheit, unter Berücksichtigung der Systemmerkmale und bei gleichzeitiger Vermeidung einer fragmentierten Umsetzung durch die Förderung gemeinsamer Prozesse, wo dies möglich ist;
- Förderung eines standardisierten Geschäftsprozess-Rahmens für IKT-Entwicklungen sowie andere Funktionen (wie etwa die Dienstleistungserbringung), damit die System- und Geschäfts-anforderungen bewältigt werden können;
- Förderung guter Praxis bei der Gestaltung und Umsetzung von Prozessen der sozialen Sicherheit, insbesondere zur Verbesserung der Sicherheit und der Datenqualität.
Dieses Kapitel beschreibt die Merkmale der wichtigsten Prozesse in verschiedenen Systemen und Programmen der sozialen Sicherheit, und diese sind wie folgt unterteilt:
- Kurzzeitleistungen zum Einkommensersatz für eine beschränkte Zeit, während der die versicherte Person aufgrund von Krankheit, Mutterschaft oder Erwerbslosigkeit nicht erwerbstätig sein kann;
- Langzeitleistungen, die auf Lebenszeit oder für eine große Zahl von Jahren ausgezahlt werden, wie Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenrenten;
- Hybride Leistungen wie Familienbeihilfe und Krankenversicherungsleistungen: Erstere bieten Familien mit kleinen Kindern ein zusätzliches Einkommen, oft unter der Voraussetzung einer Bedürftigkeitsprüfung und/ oder des erfolgten Schulbesuchs und der erfolgten medizinischen Versorgung. Letztere umfassen Gesundheitsleistungen für Beschäftigte und ihre Angehörigen, die darin bestehen, dass die Kosten für die Aufnahme in eine externe medizinische Einrichtung übernommen und/ oder medizinische Auslagen als Geldleistungen rückerstattet werden.
Tabelle C.4.1 zeigt die in diesem Kapitel beschriebenen Geschäftsprozesse sowie den Ansatz für die IKT-Umsetzung.
Diese Leitlinien sollen der IKT-Abteilung in erster Linie eine Orientierung geben, wie Softwaresysteme eingerichtet werden können, damit sie den Anforderungen der Geschäftsbereiche gerecht werden. Sie geben auch Anhaltspunkte für die Geschäftsführung und die Geschäftsbereiche der Institution zu den wichtigsten Geschäftsprozessen der sozialen Sicherheit.
Ferner kann es sein, dass die Teams für die technische Entwicklung und den technischen Betrieb ihre Fähigkeiten anhand dieser Leitlinien anpassen und neue Kompetenzprofile definieren müssen.