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Informations- und Kommunikationstechnologie -
C.2. IKT-basierte Umsetzung internationaler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit

Internationale Abkommen der sozialen Sicherheit ermöglichen die Freizügigkeit von Leistungen für Millionen Versicherte und erzeugen den Export von Milliarden Dollar an Geldleistungen zwischen Unterzeichnerstaaten weltweit. Dies erfordert erheblichen grenzüberschreitenden Datenaustausch und Backoffice-Informationsverarbeitung. Die wirksame Kommunikation und zuverlässige Umsetzung von Abkommen erfordert einen intensiven Einsatz von IKT, um die Integrität des Prozesses zu gewährleisten. Trotz der zunehmenden Anwendung der IKT im Bereich der sozialen Sicherheit bleibt die IKT-basierte Umsetzung internationaler Abkommen eine Herausforderung, hauptsächlich wegen des Fehlens von Normen.

Internationale Abkommen der sozialen Sicherheit sind ein wichtiges Rechtsinstrument, das Wanderarbeitnehmern die Freizügigkeit von Sozialansprüchen eröffnet, indem sichergestellt wird, dass Beschäftigungszeiten für die Gewährung von Leistungen in den Unterzeichnerstaaten berücksichtigt werden. Internationale Abkommen sollen auch die doppelte Beitragszahlung von vorübergehend in ein Gastland entsandten Arbeitnehmern verhindern, d.h. sie ermöglichen Kosteneinsparungen, ohne den Sozialschutz zu verringern.

Während die meisten internationalen Sozialabkommen bilateral sind – also zwischen zwei Ländern abgeschlossen werden –, gibt es auch einige multilaterale Abkommen, die es mehreren Ländern ermöglichen, Teile ihrer Systeme der sozialen Sicherheit zu koordinieren.

Die vorliegenden Leitlinien behandeln die Umsetzung der operativen Aspekte internationaler Abkommen durch den Einsatz von IKT, und sie konzentrieren sich auf Datenaustausch und damit verbundene Funktionen.

Die Entwicklung internationaler Sozialabkommen ist insgesamt mit zwei Strömen von Aktivitäten verbunden. Erstens müssen Vorgespräche und Verhandlungen durchgeführt werden, der Abkommenstext erstellt, das Abkommen unterzeichnet und ratifiziert werden und dann vorbereitet und festgelegt werden, ab wann das Abkommen anwendbar ist (so genanntes Inkrafttreten). Zweitens müssen die Verwaltungsverfahren eingerichtet werden, um auf die Anträge in Verbindung mit dem Abkommen eingehen zu können, und die Rollen und Verantwortlichkeiten für diese Aufgaben müssen festgelegt werden. Letztere werden gewöhnlich in sogenannten das Sozialabkommen begleitenden Verwaltungsvereinbarungen festgelegt.

Die Umsetzung von internationalen Abkommen erfordert zuverlässige Mechanismen zum Datenaustausch unter den betroffenen Institutionen. Hierunter fallen unter anderem die Definition der auszutauschenden Daten, der Authentifizierungsmechanismus (z.B. elektronische Signatur), das Protokoll für den Abruf- und Antwortaustausch mit Angabe einer Höchstfrist sowie die Implementierung von IKT-gestützten Systemen, die diese Operationen unterstützen. Außerdem beinhaltet es auch die Führung der Tagesgeschäfte des Abkommens durch soweit wie möglich automatisierte Prozesse, was vor allem den Erhalt und Versand von Informationen und Benachrichtigungen über Änderungen sowie die Bearbeitung von Leistungsanträgen umfasst.

Weil die operativen Aufgaben den grenzüberschreitenden Datenaustausch und grenzüberschreitende Informationsverarbeitung umfassen, ist eine intensive Nutzung der IKT notwendig, um bei der Anwendung des Abkommens Effektivität und Zuverlässigkeit zu erreichen.

Trotz des zunehmenden Einsatzes von IKT im Bereich der sozialen Sicherheit bleibt die IKT-basierte Umsetzung internationaler Abkommen eine Herausforderung. Fehlende Standards für Daten und Prozesse sind der Hauptgrund. Zudem bildet die Komplexität der Entwicklung von interinstitutionellen und grenzüberschreitenden Systemen eine Barriere für die Implementierung von IKT-basierten Systemen, die internationale Abkommen unterstützen.

Während mehrere Empfehlungen, Rahmen und Leitfäden entwickelt wurden, um politik- und rechts-bezogene Tätigkeiten zu unterstützen, die zum Inkrafttreten des Abkommens führen, gibt es keine ähnlichen Materialien zur Unterstützung der operativen Umsetzung und des Tagesgeschäfts der internationalen Abkommen. Die folgenden Leitlinien der IVSS unterstützen die IKT-basierte Umsetzung von Sozialabkommen durch einen Fokus auf die operativen Aspekte.

Definitionen

Die Gesamtdurchführung internationaler Sozialabkommen ist mit Akteuren verbunden, deren Rollen gewöhnlich im Text der Abkommen erwähnt werden. Die folgenden Definitionen geben den Kontext, in dem sie in diesen Leitlinien verwendet werden:

Struktur

Die folgenden Leitlinien befassen sich mit:

  • der Gestaltung und Implementierung der operativen Prozesse und Datenaustauschmechanismen unter Einsatz von IKT einschließlich Änderungsmeldungen für maßgebliche Informationen;
  • der Umsetzung des Abkommens im Tagesgeschäft durch die Anwendung der implementierten Prozesse und Mechanismen auf konkrete Fälle. Dies umfasst den Empfang und den Versand von Informationen, Änderungsmeldungen und die Bearbeitung von Leistungsanträgen.
  • Zuständige Behörden bezieht sich auf die Ministerien, die laut Sozialgesetzgebung einer Abkommenspartei berechtigt sind, diese Gesetzgebung zu verwalten. Zum Beispiel: Spaniens Minister für Arbeit und soziale Angelegenheiten; die US-Sekretärin für Gesundheitspflege und soziale Dienste; Kanadas Minister für Beschäftigung und soziale Entwicklung; die Ministerin für indische Überseeangelegenheiten; Uruguays Minister für Arbeit und soziale Sicherheit; in Argentinien, der Minister für Arbeit, Beschäftigung und soziale Sicherheit und der Minister für Gesundheit; der Minister für die Entwicklung von Humanressourcen der Republik Korea usw.
  • Verbindungsagenturen (oder Verbindungsinstitutionen) bezieht sich auf die Organisationen, die die Koordination und den Informationsaustausch zwischen den Institutionen der Unterzeichnerstaaten gewährleisten. Die Länder können eine oder mehrere Verbindungs-agenturen für alle von einem Abkommen abgedeckten Themen bestimmen. Zum Beispiel: der Verband der Verwaltungsträger der sozialen Sicherheit Spaniens; die Anstalt für soziale Sicherheit der Philippinen; der Japanische Rentendienst; Service Canada und Steuerbehörde für entsandte Arbeitnehmer; die US-Verwaltung für soziale Sicherheit; in Frankreich das Zentrum für soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und Unabhängige Landeskasse der sozialen Sicherheit für Bergleute; Uruguays Bank für Sozialversicherung; in Argentinien für Gesundheitssysteme das Aufsichtsamt für Gesundheitsdienste, für Renten und Familienleistungen die Nationale Verwaltung für soziale Sicherheit und für Arbeitsunfälle das Aufsichtsamt für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten usw.
  • Zuständige Institutionen bezieht sich auf die Institution(en), die für die Verwaltung der Gesetzgebung verantwortlich ist/sind, für die das Abkommen gilt, insbesondere Systeme der sozialen Sicherheit. Viele Abkommen verwenden die allgemeinen Ausdrücke „die zuständige Behörde“ oder „die Institution, die gemäß der geltenden Gesetzgebung zuständig ist“. Zum Beispiel: der Minister für Beschäftigung und soziale Entwicklung Kanadas; das Landesrentenamt der Republik Korea; der Japanische Rentendienst; die Landeskasse für soziale Sicherheit Marokkos; der Vorsorgefonds für Arbeitnehmer Indiens; Uruguays Bank für Sozialversicherung; der Verband der Verwaltungsträger der sozialen Sicherheit Spaniens; die Anstalt für soziale Sicherheit der Philippinen; die Landesrentenkasse für Arbeitnehmer Frankreichs usw.

Die Leitlinien beruhen auf einer Reihe von Annahmen im Kontext des Gesamtprozesses der Implementierung eines internationalen Abkommens:

  • Der Abkommenstext ist unterzeichnet und in Kraft getreten. Fragen der sozioökonomischen Gestaltung und der Ausarbeitung des Abkommenstextes sowie die Verhandlungen des zu unterzeichnenden und in Kraft zu setzenden Abkommens fallen nicht in den Geltungsbereich dieser Leitlinien.
  • Es gibt gut definierte nationale Vorschriften für Datenschutz sowie in dem Abkommen festgelegte Bedingungen. Die Leitlinien können zwar Einblicke in diese Bereiche bieten, aber ihr Ziel ist es nicht, Einfluss auf diese Elemente zu nehmen.
  • Es gibt gut definierte organisatorische Strukturen auf internationaler, nationaler und institutioneller Ebene, um die Politik, regulatorische Aspekte und Verfahrensfragen sowie die Beziehungen zu anderen Diensten der sozialen Sicherheit zu regeln. Die vorliegenden Leitlinien haben es daher nicht zum Ziel, solche Strukturen zu gestalten.

Manche Leitlinien konzentrieren sich auf institutionelle Aspekte, andere gehen auf Punkte ein, die von den an dem Abkommen teilnehmenden Institutionen auf internationaler Ebene gemeinsam definiert werden müssen.

Die Leitlinien decken verschiedene Szenarien ab und können abhängig von den Merkmalen der internationalen Abkommen und der Rolle, die die Institution bei ihrer Umsetzung spielt, in unterschiedlicher Weise genutzt werden. Während bei der Umsetzung multilateraler Abkommen alle Empfehlungen berücksichtigt werden müssen, können bilaterale Abkommen unter Befolgung eines Teils der Empfehlungen umgesetzt werden. Institutionen wiederum, die eine Verbindungsfunktion wahrnehmen, sollten diejenigen Leitlinien nutzen, die auf Aspekte auf der internationalen und der nationalen Ebene eingehen, während die „zuständigen Institutionen“ diejenigen Leitlinien anwenden müssen, die sich auf die Ebene der Institution konzentrieren.

Die folgenden Richtlinien sind in sechs Abschnitte unterteilt:

  • Abschnitt C.2.1, Governance und Management, beginnt mit einer Definition des Auftrags, der Rollen und der Governancestruktur für die Umsetzung der Abkommen, gefolgt von der Definition einer Strategie und eines Aktionsplans. Die letzte Leitlinie in dem Abschnitt gilt der Definition der wesentlichen Verwaltungsgrundsätze für das Abkommen.
  • Abschnitt C.2.2, Architekturen, ist der Definition der Architekturen auf der internationalen, nationalen und institutionellen Ebene gewidmet. Das Ziel ist es, die Komponenten zu definieren, die die Durchführung wirksamer und sicherer Interaktionen zwischen den Institutionen ermöglichen. Die Definition der Architekturen ist einer der ersten und wichtigsten Schritte bei der Umsetzung eines internationalen Abkommens.
  • Abschnitt C.2.3, Kompatibilität für internationale Abkommen, behandelt die zentralen Aspekte der Anwendung von Kompatibilitätstechniken für die Umsetzung internationaler Abkommen. Diese Leitlinien sehen die Schritte für die Definition eines Interoperabilitätsrahmens für die Umsetzung internationaler Abkommen vor.
  • Abschnitt C.2.4, Sicherheit und Authentifizierung für internationale Abkommen, widmet sich den wesentlichen Punkten der Authentifizierungsvorgänge des internationalen Abkommens, der Einhaltung von Datenschutzvorschriften und der Schaffung eines sicheren Umfelds für die Interaktion der Institutionen. Diese Leitlinien verfeinern Abschnitt B.2, Datensicherheit und Datenschutz.
  • Abschnitt C.2.5, Operative Prozesse und Informationsmodelle, geht auf die Spezifikation der Prozesse und Informationsmodelle im Zusammenhang mit der Umsetzung internationaler Abkommen ein.
  • Abschnitt C.2.6, IKT-Operationen der internationalen Abkommen, enthält Empfehlungen für die Praxis bei der Erbringung von IKT-Dienstleistungen für die internationalen Abkommen. Diese Leitlinien konzentrieren sich auf die Definition von Indikatoren für die Dienstleistungs-qualität (Dienstleistungsvereinbarungen oder SLAs) und auf die Einrichtung der System-operationen, die die Ausführung spezieller Transaktionen im Kontext des Abkommens ermöglichen werden.