Auch wenn es die Aufgabe der sozialen Sicherheit ist, effektiv auf Lebenszyklusrisiken der versicherten Bevölkerung zu reagieren, sind auch die Geschäftsführung von Institutionen der sozialen Sicherheit, die Finanzierung, die Verwaltung und die Erbringung der Leistungen und Dienstleistungen zur Erfüllung dieser Aufgabe bestimmten Risiken ausgesetzt. Die Risiken der Tätigkeiten von Institutionen der sozialen Sicherheit sind vielschichtig, veränderlich und oft komplex. Die Art der Risiken hängt dabei von äußeren Trends und Faktoren ab sowie davon, wie die Institution ihre Aufgaben intern löst und überwacht.
Das Risikomanagement erlaubt einer Organisation, die Wahrscheinlichkeit für das Erreichen ihrer Ziele zu erhöhen, und dies gilt auch für Institutionen der sozialen Sicherheit. Für ein wirksames Risikomanagement sind die Inputs und Beiträge von Spezialisten nötig, die sich in der Risikomessung und Risikobehandlung und der Verwendung geeigneter Methoden und Annahmen der Risikoanalyse auskennen. Versicherungsmathematische Inputs sind deshalb in diesem Bereich von wachsender Bedeutung. Gleichzeitig ist dieser Teil auch für andere Fachleute relevant, die Aufgaben im Bereich des Risikomanagements wahrnehmen.
Zwar haben alle Risiken unweigerlich direkte oder indirekte finanzielle Auswirkungen für die Institution, aber die Analyse und Behandlung der Risiken wird oft aufgeteilt in solche, die sich auf die Finanzierung und Gestaltung der Leistungen („Systemrisiken“) auswirken und die direkte finanzielle Auswirkungen für das System haben, und solche, die sich auf die Geschäftsführung der Institution der sozialen Sicherheit auswirken („operationelle Risiken“) und die indirektere und schwieriger zu quantifizierbare finanzielle Auswirkungen haben. Die Risikofunktion sollte sicherstellen, dass die Verwaltung der verschiedenen individuellen Risiken sich an die allgemeinen Grundsätze und Überlegungen des Risikomanagements auf Ebene der Institution, des Systems und des Gesamtsystems hält.
In diesem Teil geht es deshalb um verschiedene Risikofragen, die im Rahmen eines Risikomanagement-prozesses behandelt werden. Leitlinie 30 beschreibt diesen Rahmen, der die wichtigsten Grundsätze des Risikomanagements abdeckt, einschließlich der Erstellung eines Risikomanagementplans und Fragen des Risikobudgets und der Risikobereitschaft der Institution der sozialen Sicherheit. Der Prozess des Risikomanagements besteht aus drei Elementen: die Risikoidentifikation (siehe Leitlinie 31), die Risikomessung (siehe Leitlinie 32) und die Risikobehandlung einschließlich Beibehaltung und Übertragung von Risiken (siehe Leitlinie 33). Die praktische Anwendung des Risikomanagementprozesses bei der Behandlung von Systemrisiken und operationellen Risiken wird sodann in den Leitlinien 35 und 36 behandelt.
Aktuare sind Fachleute, die über umfangreiche Erfahrungen bei der Identifikation, Messung und Verwaltung von Risiken verfügen und ihre Ausbildung und ihre Fähigkeiten in den Fachgebieten Mathematik, Statistik und Risikotheorie anwenden und die deshalb bei jedem Schritt des Risikomanagementprozesses der Institution der sozialen Sicherheit beigezogen werden sollten.