Asien und der Pazifik sind wichtige Herkunftsgebiete und Ziele internationaler Arbeitsmigranten. In diesem Artikel werden aktueller Stand und Entwicklung bilateraler und multilateraler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit beleuchtet, mit besonderem Fokus auf Vereinbarungen mit Ländern der Region.
Ein Drittel aller internationalen Migranten stammt aus Asien und dem Pazifik, womit die Region weltweit das bedeutendste Herkunftsgebiet internationaler Arbeitsmigration ist (IAO, 2020). Zudem nimmt die Region ungefähr 48 Millionen der insgesamt 169 Millionen internationaler Arbeitsmigranten (28,5 Prozent) auf, was sie nach Europa und Zentralasien zur weltweit zweitwichtigsten Destination macht (IAO, 2020). Ein bedeutender Teil der Arbeitsmigration besteht auch aus intraregionalen Migrationsströmen durch bedeutende Migrationskorridore wie jener von den südasiatischen Ländern zu den Ländern des Golf Kooperationsrats (GCC) (ADB, IAO, OECD; Benton et al., 2024). Obwohl die Region Asien und Pazifik eine große Drehscheibe für Migranten darstellt, ist sie an nur 23 Prozent aller Vereinbarungen der sozialen Sicherheit weltweit beteiligt.
Kasten 1. Länder aus der Region Asien und Pazifik nach IVSS-Einteilung
- Afghanistan
- Arabische Republik Syrien
- Australien
- Bahrain (Das Königreich)
- Bangladesch
- Bhutan
- Brunei Darussalam
- China
- Cookinseln
- Fidschi
- Indien
- Indonesien
- Irak
- Iran (Islamische Republik)
- Japan
- Jemen
- Jordanien
- Kambodscha
- Katar
- Kiribati
- Korea (Demokratische Volksrepublik)
- Korea (Republik)
- Kuwait
- Laos (Demokratische Volksrepublik)
- Libanon
- Malaysia
- Malediven
- Marshallinseln
- Mikronesien
- Mongolei
- Myanmar
- Nepal
- Neuseeland
- Oman
- Pakistan
- Palau
- Palästina (Staat)
- Papua Neuguinea
- Philippinen
- Salomon-Inseln
- Samoa
- Saudi-Arabien
- Singapur
- Sri Lanka
- Thailand
- Timor-Leste
- Tonga
- Tuvalu
- Vanuatu
- Vereinigte Arabische Emirate
- Vietnam
Hinweis: Folgende Länder wurden aufgrund unzureichender Datenlage nicht berücksichtigt: Afghanistan, Cookinseln, Korea (Demokratische Volksrepublik), Malediven, Timor-Leste (Demokratische Republik), Tonga und Tuvalu.
Die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) hat untersucht, wie sich internationale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit entwickelt haben, die als grundlegende Instrumente für die Verbesserung der Übertragbarkeit von Rechten der sozialen Sicherheit gelten und den Schutz der Ansprüche und Leistungen von Arbeitnehmern sicherstellen können, wenn diese in ein anderes Land ziehen (IVSS, 2024; Kazi-Aoul et al., 2023). Solche Vereinbarungen dienen sowohl der Sicherung bereits erworbener als auch aktuell zu erwerbender Rechte, so dass die Menschen ihre Ansprüche der sozialen Sicherheit auch bei einem Wohnsitzwechsel in ein anderes Land wahrnehmen können. Die Vereinbarungen erleichtern den Leistungszugang, da Erwerbszeiten von den teilnehmenden Ländern anerkannt und Beitragszeiten oder andere Anspruchsvoraussetzungen zusammengerechnet werden. Zudem verhindern diese Vereinbarungen durch Festlegung der entsprechenden Gesetzgebung eine doppelte Beitragszahlung für vorübergehend ins Ausland entsandte Beschäftigte – ein insgesamt positiver Beitrag zur Formalisierung von Arbeitnehmern und zur Sicherstellung der Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge durch Arbeitgeber (IAO, IVSS, ITCILO, 2021; IVSS, 2022). Derzeit sind 74 Prozent aller Länder und Territorien an mindestens einer Vereinbarung der sozialen Sicherheit beteiligt. Diese sich laufend verändernde Landschaft der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der sozialen Sicherheit zeigt, wie wichtig derartige Vereinbarungen weltweit geworden sind.
Analysiert man die Beteiligung von Ländern aus Asien und dem Pazifik, darf allerdings nicht vergessen werden, dass diese internationalen Vereinbarungen der sozialen Sicherheit natürlich nur für formelle Arbeitnehmer gelten. Zahlreiche Länder der Region stehen weiterhin vor bedeutenden Herausforderungen, was die Formalisierung der Beschäftigung anbelangt (IAO, 2024a). Laut jüngsten Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) arbeiten 66 Prozent aller Beschäftigten in der Region Asien und Pazifik im informellen Sektor (IAO, 2024b). Die höchste Quote weist dabei Südasien auf (87,2 Prozent), gefolgt von Südostasien (69,8 Prozent) und Ostasien (46,8 Prozent), und die geringste der Pazifik (34,7 Prozent).
Obwohl nicht Gegenstand dieses Artikels, haben zahlreiche Länder unilaterale Maßnahmen eingeleitet, um die Deckung der sozialen Sicherheit zu erhöhen. So erlauben auf der einen Seite einige Entsendeländer ihren im Ausland arbeitenden Staatsangehörigen, weiterhin in ihrem System der sozialen Sicherheit zu verbleiben, sie richten Fürsorgefonds im Ausland ein oder bezuschussen die Beiträge der Arbeitsmigranten bei deren Rückkehr. Auf der anderen Seite gestatten einige Empfängerländer, dass Arbeitnehmer ihre Beiträge wieder abziehen können, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren und es keine Vereinbarung der sozialen Sicherheit zwischen den Ländern gibt (IAO, IVSS, ITCILO, 2021). Schließlich können sowohl Entsende- als auch Empfängerländer ihre Deckung verbessern, indem sie die Mindestbeitragszeiten senken und eine Leistungsauszahlung im Ausland erlauben.
Bilaterale und multilaterale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit weltweit
Betrachtet man die ganze Welt, so haben 74 Prozent aller Länder und Territorien (nachfolgend der Einfachheit halber „Länder“) mindestens eine bilaterale oder multilaterale Vereinbarung der sozialen Sicherheit unterzeichnet. Dennoch gibt es deutliche regionale Unterschiede, wobei alle europäischen Länder an mindestens einer internationalen Vereinbarung der sozialen Sicherheit beteiligt sind, gefolgt von 88 Prozent der Länder in Amerika, 61 Prozent der afrikanischen Länder und 43 Prozent der Länder in der Region Asien und Pazifik (Schaubild 1). Die regionalen Trends sind bei bilateralen und multilateralen Vereinbarungen gleichbleibend, mit Europa als Vorreiterin, gefolgt von Amerika, Afrika und Asien-Pazifik. In Europa haben 95 Prozent der Länder mindestens eine bilaterale und 77 Prozent mindestens eine multilaterale Vereinbarung abgeschlossen, wohingegen es in der Region Asien und Pazifik nur 25 Prozent (13 Länder) bei bilateralen beziehungsweise 18 Prozent (neun Länder) bei multilateralen Vereinbarungen sind. Damit unterscheiden sich die beiden Regionen fast um einen Faktor vier.
Schaubild 1. Anteil der Länder und Territorien mit mindestens einer Vereinbarung der sozialen Sicherheit, nach Region und Vereinbarungsart
Quelle: IVSS, erscheint demnächst.
Global gesehen sind die europäischen Länder an der größten Zahl bilateraler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit beteiligt, gefolgt von Amerika, Asien-Pazifik und Afrika. Die europäischen Länder sind an 530 (84 Prozent) der 631 bilateralen Vereinbarungen beteiligt, die weltweit in Kraft sind, wohingegen die Länder aus Asien und dem Pazifik 147 bilaterale Vereinbarungen (23 Prozent) abgeschlossen haben. Die weltweite Zahl bilateraler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit hat seit den 1970-er Jahren stark zugenommen, wobei die Länder aus Asien und dem Pazifik seit den 1980-er Jahren die größte Zunahme zu verzeichnen haben (Schaubild 2).
Schaubild 2. Gesamtzahl bilateraler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit im Zeitverlauf, nach Region mit beteiligten Ländern (eine oder beide Parteien)
Quelle: IVSS, erscheint demnächst.
Hinweis: Da hier nur bilaterale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit berücksichtigt sind, die noch immer aktiv umgesetzt werden, erscheinen viele Vereinbarungen zwischen Ländern Europas nicht, da diese Angelegenheiten nun durch EU Vorschriften geregelt werden. Die früheste bilaterale Vereinbarung der sozialen Sicherheit wurde 1919 zwischen Italien und Frankreich unterzeichnet (Butcher und Erdos, 1988).
Bilaterale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit in Asien und im Pazifik
Wichtigste Vertragspartner-Regionen
Die regionale Aufteilung der bilateralen Vereinbarungen der sozialen Sicherheit, an denen Länder aus Asien und dem Pazifik beteiligt sind, ist gegenwärtig folgende: 76,9 Prozent wurden mit Ländern aus Europa abgeschlossen (113 Vereinbarungen), 12,9 Prozent mit Ländern Amerikas (19 Vereinbarungen), 9,5 Prozent wurden innerhalb der Region Asien und Pazifik abgeschlossen (14 Vereinbarungen) und 0,7 Prozent mit afrikanischen Ländern (1 Vereinbarung) (Schaubild 3). Zwar sind die Vereinbarungen mit europäischen Ländern weiterhin in der Mehrzahl, doch seit dem Jahr 2000 erfolgt eine deutliche Zunahme der Zahl intraregionaler Vereinbarungen und von Vereinbarungen mit amerikanischen Ländern.
Schaubild 3: Anzahl bilateraler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit mit Beteiligung von Ländern und Territorien aus Asien und dem Pazifik, nach Region der anderen Vertragspartei
Quelle: IVSS, erscheint demnächst.
Subregionale Besonderheiten
Angesichts der enormen Fläche und der großen Bevölkerung sowie der kulturellen, sprachlichen und politischen Vielfalt in der Region Asien und Pazifik lohnt sich ein näherer Blick auf die subregionalen Trends hinsichtlich bilateraler Vereinbarungen (Schaubild 4). Nach IVSS-Subregionen aufgeschlüsselt sind an den meisten Vereinbarungen Länder aus Ostasien (48 Prozent) und aus dem Pazifik (25 Prozent) beteiligt, gefolgt von Südasien, Südostasien und den arabischen Ländern.
Schaubild 4. Anzahl bilateraler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit mit einer Partei aus Asien und dem Pazifik, nach IVSS-Subregion
Quelle: IVSS, erscheint demnächst.
Hinweis: [1] Die Gesamtzahl der Vereinbarungen liegt hier höher als weiter oben angegeben, da bei intraregionalen Vereinbarungen beide Vertragsländer mitgezählt werden. [2] Länder mit aktuell gültigen Vereinbarungen, nach Subregion aufgeschlüsselt: (a) Ostasien: China, Japan, Korea (Republik), Mongolei; (b) Pazifik: Australien, Neuseeland; (c) Südasien: Indien, Iran (Islamische Republik), Pakistan; (d) Südostasien: Philippinen, Thailand, Vietnam; (e) Arabische Länder: Arabische Republik Syrien.
Wie bereits erwähnt, sind die Länder der Region zwar an 147 bilateralen Vereinbarungen beteiligt (23,3 Prozent aller bilateralen Vereinbarungen weltweit), aber nur 13 Länder aus Asien und dem Pazifik verfügen über aktive Vereinbarungen. Blickt man auf die einzelnen Länder, so konzentrieren sich die meisten Vereinbarungen auf einige wenige (Schaubild 5). Die Republik Korea verfügt mit 39 über die meisten bilateralen Vereinbarungen, gefolgt von Australien mit 31, Japan mit 22, Indien mit 19 und den Philippinen mit 14.
Schaubild 5. Anzahl bilateraler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit, nach Vertragspartei aus Asien und dem Pazifik
Quelle: IVSS, erscheint demnächst.
Hinweis: Da an einigen bilateralen Vereinbarungen zwei Länder aus Asien und dem Pazifik beteiligt sind, sind diese doppelt gezählt.
Betrachtet man ausschließlich Länder mit fünf oder mehr bilateralen Vereinbarungen, so zeichnen sich im Zeitverlauf sehr unterschiedliche Trends ab (Schaubild 6). Traditionell verfügte Australien über die meisten bilateralen Vereinbarungen in der Region, wurde jedoch 2017 von der Republik Korea überholt, die 2024 nach wie vor die Tabelle anführt. Insgesamt zeigt das Schaubild die unterschiedlich schnelle Zunahme bilateraler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit im Beobachtungszeitraum, wobei vor allem nach dem Jahr 2000 deutlich mehr Vereinbarungen abgeschlossen wurden.
Schaubild 6. Gesamtzahl bilateraler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit im Zeitverlauf, nach Vertragspartei
Hinweis: In diesem Schaubild sind nur Länder mit fünf oder mehr Vereinbarungen aufgeführt.
Quelle: IVSS, erscheint demnächst.
Vereinfachter Leistungszugang
Eine der Hauptfunktionen von Vereinbarungen der sozialen Sicherheit besteht in der Erleichterung des Zugangs zu Leistungen, entweder durch Wahrung der Ansprüche mittels Erwerb (auch als Addition bezeichnet) oder durch andere Mittel (IAO, IVSS, ITCILO, 2021). Solche Bestimmungen ermöglichen die Akkumulation von Beitragszeiten in verschiedenen nationalen Systemen der sozialen Sicherheit, wodurch Beitragszeiten (Versicherungs-, Beschäftigungs- oder Aufenthaltszeiten) zusammengerechnet und Ansprüche aufrechterhalten oder wiederhergestellt werden (IAO, IVSS, ITCILO, 2021). Im Endeffekt steuert jedes Land eine Leistung bei, die nach einer in der Vereinbarung festgelegten Berechnungsmethode im Verhältnis zur Dauer der Mitgliedschaft des Arbeitnehmers im jeweiligen System der sozialen Sicherheit steht.
Weltweit decken internationale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit viel häufiger Rentenleistungen (Alter, Behinderte und Hinterbliebene) als andere Leistungen ab. In bilateralen Vereinbarungen mit Ländern aus der Region Asien und Pazifik ist der Anteil der gedeckten Renten für die Addition ähnlich hoch wie in bilateralen Vereinbarungen außerhalb der Region und liegt bei rund 80 Prozent. Ein vereinfachter Leistungszugang für andere Zweige ist jedoch mit unter 20 Prozent für alle anderen sechs Zweige der sozialen Sicherheit auffällig niedrig (Schaubild 7). Somit gehören Rentenleistungen zum weitaus am stärksten entwickelten Zweig in der Region, wobei es in 94 Prozent der Länder Bestimmungen für den Privatsektor gibt, verglichen mit 50 bis 56 Prozent der Länder, die alle sonstigen Geldleistungen regeln (ausgenommen Bestimmungen zur Arbeitgeberhaftung, IVSS-Länderprofile – Asien 2022).
Schaubild 7. Gedeckte Zweige in bilateralen Vereinbarungen der sozialen Sicherheit mit und ohne Beteiligung von Ländern aus Asien und dem Pazifik
Quelle: IVSS, erscheint demnächst.
Einige bilaterale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit enthalten eine Bestimmung, die eine Addition der Beitragszeiten von Drittländern erlaubt, was den Sozialschutz durch zusätzliche Garantien für die Rechte von Arbeitsmigranten allgemein verbessert. Die Einzelheiten variieren je nach Vereinbarung, doch diese Bestimmungen erlauben oft, bei Arbeitnehmern, die sich in einem Drittland aufgehalten haben, welches mit beiden Vertragsparteien eine Vereinbarung abgeschlossen hat, diese Zeiten bei der Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen zu berücksichtigen. In anderen Fällen können auch Zeiten aus Drittländern zusammengerechnet werden, mit denen nur eine der Parteien eine Vereinbarung abgeschlossen hat (IAO, 2012).
Weltweit gibt es in 41 Prozent der bilateralen Vereinbarungen der sozialen Sicherheit Bestimmungen zur Addition in Drittstaaten, wohingegen diese Zahl für Asien und den Pazifik bei 24 Prozent liegt (Schaubild 8). Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass diese Anteile in neueren Vereinbarungen deutlich höher liegen. Bei Vereinbarungen, die nach 1990 unterzeichnet oder neu ausgehandelt wurden, ist die Zahl derartiger Bestimmungen auf 64 Prozent für Vereinbarungen außerhalb der Region Asien und Pazifik und auf 40 Prozent für Vereinbarungen mit Ländern aus Asien und dem Pazifik gestiegen. Dies zeigt einen zunehmenden Trend zur Aufnahme von Bestimmungen zur Addition aus Drittländern in neuere Vereinbarungen auf.
Schaubild 8. Anteil von bilateralen Vereinbarungen der sozialen Sicherheit mit einer Drittland-Bestimmung für die Addition von Zeiten in Drittländern (bilaterale Vereinbarungen mit Beteiligung aus Asien und dem Pazifik)
Quelle: IVSS, erscheint demnächst.
Entsandte Arbeitnehmer
Eine Entsendung liegt vor, wenn ein Unternehmen Arbeitnehmer in ein anderes Land entsendet, um in seinem Namen vorübergehend tätig zu sein, oder wenn Selbstständige vorübergehend in einem anderen Land als jenem, in dem sie gewöhnlich arbeiten, erwerbstätig sind. Dabei gestatten Koordinationsinstrumente der sozialen Sicherheit oft eine Ausnahme von der Regel, dass die Gesetze des Landes gelten, in dem die Arbeit ausgeübt wird (Nickless und Siedl, 2004). Sie erlauben es Arbeitnehmern also, im System der sozialen Sicherheit ihres Landes versichert zu bleiben, anstatt vom System des Landes gedeckt zu werden, wo die Arbeit geleistet wird, so dass sie dort keine Sozialbeiträge zahlen müssen. Hauptziel ist es, eine doppelte Beitragszahlung und doppelte Leistungsansprüche zu vermeiden und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Versicherte zu reduzieren.
Am häufigsten enthalten Vereinbarungen der sozialen Sicherheit Bestimmungen zur zuständigen Gesetzgebung und zur Freistellung von der Entrichtung von Sozialbeiträgen. In Kasten 2 sind die wichtigsten Begriffe im Zusammenhang mit entsandten Arbeitnehmern zusammengefasst.
Wie in Schaubild 9 dargestellt, enthalten weltweit ungefähr 90 Prozent der Vereinbarungen der sozialen Sicherheit Bestimmungen zur Deckung entsandter Arbeitnehmer. Interessanterweise decken Vereinbarungen der sozialen Sicherheit in der Region Asien und Pazifik häufiger ausschließlich entsandte Arbeitnehmer als in anderen Regionen. Während nur ungefähr 2 Prozent der Vereinbarungen außerhalb der Region ausschließlich Entsendungen regeln, betreffen 17 Prozent der Vereinbarungen mit Ländern der Region Asien und Pazifik nur Entsendungen, ohne sonstige Bestimmungen für einen vereinfachten Leistungszugang zu beinhalten.
Schaubild 9. Gegenstand der Vereinbarungen der sozialen Sicherheit mit und ohne Länder aus Asien und dem Pazifik
Quelle: IVSS, erscheint demnächst.
Diese Ausnahmen können nicht unbegrenzt gelten, und die Länder legen meist genaue Zeitrahmen für Entsendungen fest, wobei sie oft eine Mindest- und eine Höchstentsendungsdauer angeben. Wie in Schaubild 10 dargestellt, neigen die Vereinbarungen mit Ländern aus der Region Asien und Pazifik häufig zu längeren Höchstfreistellungszeiten für entsandte Arbeitnehmer. So wird in 82 Prozent der Vereinbarungen in der Region eine Höchstdauer von mindestens fünf Jahren festgelegt, verglichen mit ungefähr 33 Prozent in anderen Weltregionen. Auffallend ist, dass Asien und der Pazifik die einzige Region ist, die Vereinbarungen mit einer Höchstdauer von mehr als 96 Monaten aufweist.
Schaubild 10. Höchstfreistellungszeit für entsandte Arbeitnehmer in bilateralen Vereinbarungen mit und ohne Länder aus Asien und dem Pazifik (in Monaten)
Quelle: IVSS, erscheint demnächst.
Selbstständige können im Rahmen internationaler Vereinbarungen ebenfalls von einer Freistellung der Zahlung von Sozialbeiträgen profitieren, sofern sie vorübergehend in einem anderen Land arbeiten als jenes, wo sie üblicherweise ihre Tätigkeit ausüben. Diese Bestimmungen für Selbstständige sind jedoch viel seltener als jene für Arbeitnehmer. So enthalten nur 31 Prozent der Vereinbarungen, an denen Länder aus Asien und dem Pazifik beteiligt sind, Bestimmungen für Selbstständige, verglichen mit 90 Prozent der Vereinbarungen mit Bestimmungen für Angestellte. Am häufigsten wurde eine Freistellungzeit von fünf Jahren sowohl für Selbstständige als auch für Arbeitnehmer vereinbart.
Multilaterale Vereinbarungen mit Ländern aus Asien und dem Pazifik
Gegenwärtig verfügen weltweit 98 Länder und Territorien (48 Prozent) über mindestens eine aktive multilaterale Vereinbarung, und 18 Prozent der Länder aus Asien und dem Pazifik sind an einem multilateralen Abkommen beteiligt. In der Region Asien und Pazifik sind derzeit zwei multilaterale Vereinbarungen in Kraft: (1) das Additionsabkommen zwischen der Republik Marshallinseln, den Föderierten Staaten von Mikronesien und der Republik Palau über soziale Sicherheit („Pazifik-Additionsabkommen“), und (2) das Einheitliche Gesetz für die Ausweitung des Versicherungsschutzes für Bürger von Staaten des Golf-Kooperationsrats („GCC-Abkommen“), das von sechs Mitgliedstaaten des Kooperationsrats der Arabischen Staaten des Golfes (GCC) unterzeichnet wurde: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate (VAE).
Im Pazifik-Additionsabkommen, das im Juli 2005 in Kraft trat, sind Gleichbehandlung, zuständige Gesetzgebung und Addition festgelegt. Zusätzlich erlaubt es eine dreijährige Freistellung von der doppelten Beitragszahlung für Arbeitnehmer und Selbstständige über 60 Jahren.
Das im Januar 2006 in Kraft getretene GCC-Abkommen erlaubt es Staatsangehörigen von GCC-Ländern, die in einem anderen Mitgliedsstaat beschäftigt sind, eine fortgesetzte Deckung durch ihr bisheriges Rentensystem, als ob sie in ihrem Heimatland arbeiten würden. Interessant an diesem Abkommen ist, dass hier die Arbeitgeber des GCC-Aufnahmelands die Sozialversicherungsbeiträge an die zuständige Verwaltung der sozialen Sicherheit im Heimatland des Angestellten überweisen müssen.
Obwohl es derzeit nur zwei multilaterale Vereinbarungen in der Region Asien und Pazifik gibt, zeigen die jüngsten Anstrengungen einen vielversprechenden Trend hin zu einer verstärkten internationalen Zusammenarbeit im Bereich der sozialen Sicherheit, vor allem in Südostasien. Beispiele hierfür sind die Verabschiedung der Erklärung über die Übertragbarkeit von Leistungen der sozialen Sicherheit für Arbeitsmigranten des ASEAN (2022) und der Regionalen Leitlinien zur Übertragbarkeit von Leistungen der sozialen Sicherheit für Arbeitsmigranten des ASEAN (2024).
Schlussbemerkungen
Angesichts der zunehmenden Arbeitsmigration erweisen sich die Vereinbarungen der sozialen Sicherheit als wichtige Instrumente, mit denen sich die Übertragbarkeit von sozialen Rechten verbessern lässt. In Kasten 3 sind die wichtigsten Zahlen und Fakten in Bezug auf Vereinbarungen der sozialen Sicherheit in Asien und im Pazifik zusammengefasst, wobei einige Besonderheiten der Region hervorgehoben werden. Obwohl die Zahl derartiger Vereinbarungen in Asien und im Pazifik weiterhin vergleichsweise niedrig ist, ist angesichts der stetigen Entwicklung der Systeme der sozialen Sicherheit und der fortschreitenden Formalisierung der Wirtschaft zu erwarten, dass ein freundlicheres Umfeld zu einer Zunahme der Vereinbarungen sowohl innerhalb der Region als auch mit anderen Ländern führen wird.
Der Leitfaden Extending social protection to migrant workers, refugees and their families (Ausweitung des Sozialschutzes auf Arbeitsmigranten, Flüchtlinge und ihre Familien) (IAO, IVSS, ITCILO, 2021) soll den Institutionen dabei helfen, ihre Kapazitäten für einen wirksamen Schutz mobiler Arbeitnehmer wirksam auszubauen. Im vergangenen Jahr gab die International Social Security Review eine Sondernummer mit dem Titel „Niemanden zurücklassen: Deckung der sozialen Sicherheit für Vertriebene und Arbeitsmigranten“ heraus (International Social Security Review, 2023).
Sollen internationale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit ihre volle Wirkung entfalten, ist es von übergeordneter Bedeutung, dass sie vor allem auf einer engen Abstimmung der verschiedenen Verwaltungsorganisationen in den Unterzeichnerstaaten und auf einer Kommunikation zwischen den Parteien über ihre Verbindungsstellen beruhen. Ziel der IVSS ist es, die Mitgliedsinstitutionen bei ihren Anstrengungen für eine effektive Verwaltung und Umsetzung einer ständig zunehmenden Anzahl von Vereinbarungen zu unterstützen, unter anderem mit Hilfe der IVSS-Arbeitsgruppe für internationale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit und Datenaustausch. Diese Arbeitsgruppe konzentriert sich auf die Entwicklung einer standardisierten elektronischen Lösung für den internationalen Datenaustausch, um die Effizienz und Wirksamkeit neuer internationaler Vereinbarungen der sozialen Sicherheit zu steigern.
Wichtigste Zahlen und Fakten
- Asien und der Pazifik leisten einen bedeutenden Beitrag zur Arbeitsmigration, doch die Länder der Region sind nur an 23 Prozent der Vereinbarungen der sozialen Sicherheit weltweit beteiligt.
- Nur 43 Prozent der Länder in Asien und im Pazifik haben bisher eine bilaterale oder multilaterale Vereinbarung der sozialen Sicherheit unterzeichnet; dies ist der geringste Anteil aller Weltregionen.
- Derzeit sind in der Region zwei multilaterale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit in Kraft, mit insgesamt neun beteiligten Ländern: das Pazifik-Additionsabkommen (3) und das GCC-Abkommen (6).
- Gegenwärtig betreffen 147 bilaterale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit Asien und den Pazifik, mit 13 beteiligten von den insgesamt 51 Ländern und Territorien der Region (25 Prozent).
- Europa ist der Hauptpartner bei den bilateralen Vereinbarungen der sozialen Sicherheit mit Asien und dem Pazifik und macht über 70 Prozent der Vereinbarungen der Region aus.
- 73 Prozent dieser bilateralen Vereinbarungen entfallen auf die Subregionen Ostasien und Pazifik.
- Die meisten bilateralen Vereinbarungen der Region zählen die Republik Korea, Australien, Japan, Indien und die Philippinen mit jeweils 39, 31, 22, 19 und 14 Vereinbarungen.
- In 17 Prozent der bilateralen Vereinbarungen mit Ländern der Region Asien und Pazifik sind ausschließlich Entsendungen geregelt, ohne sonstige Bestimmungen für einen vereinfachten Leistungszugang zu beinhalten.
- In den Vereinbarungen in Asien und im Pazifik werden oft längere Freistellungszeiten für entsandte Arbeitnehmer festgelegt, wobei 82 Prozent eine Freistellung von Beiträgen der sozialen Sicherheit für mindestens fünf Jahre erlauben.
- 80 Prozent der Vereinbarungen in Asien und im Pazifik, die über Entsendungen hinausgehen, erleichtern auch den Zugang zu Renten (Alter, Behinderte und Hinterbliebene). Eine Erleichterung des Zugangs zu anderen Leistungen wurde hingegen nur sehr selten vereinbart.
- Es gibt einen zunehmenden Trend hin zur Aufnahme von Bestimmungen zur Addition aus Drittländern, die eine Zusammenrechnung der Leistungen der sozialen Sicherheit aus mehreren Ländern ermöglichen.
Referenzen
ADB, IAO, OECD. 2023. Labor migration in Asia: Changing profiles and processes. Tokyo, Asian Development Bank Institute; Paris, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung; Bangkok, Regionalbüro für Asien und den Pazifik der Internationalen Arbeitsorganisation.
Benton et al. 2024. The state of global mobility in the aftermath of the COVID-19 pandemic. Genf, Internationale Organisation für Migration; Washington, DC, Migration Policy Institute.
Butcher, P.; Erdos, J. 1988. „International social security agreements: The U.S. experience”, in Social Security Bulletin, Bd. 51, Nr. 9.
IAO. 2012. Social security coordination for non-EU countries in South and Eastern Europe: A legal analysis. Budapest, International Labour Organisation, Decent Work Technical Support Team and Country Office for Central and Eastern Europe.
IAO. 2020. ILO Global Estimates on international migrant workers results and methodology. Genf, Internationales Arbeitsamt.
IAO. 2024a. World Social Protection Report 2024-26: Regional companion report for Asia and the Pacific. Genf, Internationales Arbeitsamt.
IAO. 2024b. Asia Pacific Employment and Social Outlook 2024: Promoting decent work and social justice to nanage ageing societies. Genf, Internationales Arbeitsamt.
IAO, IVSS, ITCILO. 2021. Extending social protection to migrant workers, refugees and their families: A guide for policymakers and practitioners. Genf, Internationales Arbeitsamt.
International Social Security Review. 2023. „Special issue: To leave no one behind: Social security coverage for displaced populations and migrant workers“, Bd. 76, Nr. 4.
IVSS. 2022. Globale Übersicht über internationale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.
IVSS. 2024. Internationale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit in Europa. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.
IVSS. Forthcoming. Internationale Vereinbarungen der sozialen Sicherheit. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.
Kazi-Aoul, S. et al. 2023. „Extending coverage to migrant workers to advance universal social protection“, in International Social Security Review, Bd. 76, Nr. 4.
Nickless, J. ; Siedl, H. 2004. Co-ordination of social security in the Council of Europe: Short guide. Strasbourg, Europarat.