Veröffentlichung

Entwicklung der Verwaltungspraxis – Europa

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Entwicklung der Verwaltungspraxis – Europa

Die Institutionen der sozialen Sicherheit in der europäischen Region fördern die institutionelle Reife hinsichtlich Governance und Leistungsfähigkeit und setzen Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ein, um exzellente Dienstleistungen in den von ihnen verwalteten Programmen zu erreichen.

Digitale Technologien unterstützen das Bestreben, die bestmöglichen Dienstleistungen der sozialen Sicherheit zu erbringen, und führen zu erheblichen Effizienzsteigerungen in den Geschäftsabläufen sowie zu Kosteneinsparungen, besserer Reaktionsfähigkeit und Konnektivität. Informationskultur und -nutzung sind die Markenzeichen einer modernen Sozialversicherungsverwaltung. Die Digitalisierung erschließt die in riesigen Sozialversicherungsdatenbanken gespeicherten Informationen und macht sie leichter zugänglich. Sie erleichtert auch die interinstitutionelle Zusammenarbeit und ermöglicht einen behördenübergreifenden Ansatz für öffentliche Dienstleistungen. Die COVID‑19-Pandemie hat den Einsatz digitaler Technologien und neuer Arbeitsmethoden beschleunigt und die Verwaltungspraxis auf operativer und institutioneller Ebene sowie auf Dienstleistungsebene verbessert.

Die Institutionen der sozialen Sicherheit in der Region gehören zu den beweglichsten und dynamischsten in Bezug auf Verwaltungsfähigkeit und -praxis. Dennoch sehen sie sich weiterhin mit Herausforderungen konfrontiert, die sich aus den veränderten Kundenbedürfnissen, der demografischen Alterung, der Globalisierung, dem Klimawandel und den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Technologie ergeben. Positiv ist, dass die Region gleichzeitig die digitale Inklusion der Kunden sicherstellt, um zu gewährleisten, dass die Dienstleistungen der sozialen Sicherheit zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und für den richtigen Kunden verfügbar sind. Die digitale Transformation der sozialen Sicherheit geht Hand in Hand mit der Qualifizierung und Umschulung des Personals, um sich an eine hybride Umgebung, neue Funktionen und neue Arbeitsmethoden im Zusammenhang mit Digitalisierung, datengesteuerten Ansätzen und kooperativen Arbeitsplätzen anzupassen. Investitionen in Mitarbeiterfähigkeiten sowie in neue Technologien und Entwicklungsmethoden ermöglichen Innovationen, die menschliche und digitale Lösungen kombinieren.

Kernaussagen

  • Innovationen in der Verwaltungspraxis der sozialen Sicherheit spiegeln die institutionellen Governance-Fähigkeiten wider, die auf Führung, Kommunikation, strategischer Planung und Risikomanagement sowie auf interinstitutioneller Zusammenarbeit beruhen, um eine intelligentere, transparentere und reaktionsfähigere soziale Sicherheit zu erreichen.
  • Digitale Lösungen in der sozialen Sicherheit erweitern die Möglichkeiten zur Erbringung exzellenter Dienstleistungen. Kundenorientierter Service bedeutet, dass die Mitglieder und Leistungsempfänger jederzeit im Mittelpunkt aller Innovationen stehen. Das Angebot von menschlichdigitalen Lösungen erfordert Antizipation und ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse der Nutzer. Das Verständnis für die digitalen Fähigkeiten der Kunden bzw. deren Mangel daran gewährleistet die besten Kundendienstleistungen für alle und lässt niemanden zurück.
  • Die Umstellung auf ein digitales Umfeld erfordert eine klare Vision der zu erreichenden Ziele. Führung, ein strategischer Plan und ein institutionenübergreifender Ansatz sind Schlüsselfaktoren für einen erfolgreichen Übergang. Veränderungsmanagement und der Aufbau von Mitarbeiterkapazitäten sind von entscheidender Bedeutung, um die Abstimmung zwischen allen Akteuren sowie ihr Engagement zu gewährleisten.
  • Die Anwendung von IKT-Lösungen ist ein Erfolgsfaktor, der auch neue Risiken und Herausforderungen mit sich bringt, wie z.B. potenzielle Netzausfälle, Anwendungs(in)stabilität, Systemwartung, Sicherheit und Schutz der persönlichen Daten. Dies erfordert Pläne zur Gewährleistung der Geschäftskontinuität und des Risikomanagements sowohl auf technischer als auch auf betrieblicher Ebene, um Unterbrechungen bei der Dienstleistungserbringung abzumildern und die institutionelle Widerstandsfähigkeit zu gewährleisten.
  • Digitale Technologien ermöglichen die Entwicklung hin zu einer datengesteuerten sozialen Sicherheit. Datenanalyse, maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz können den institutionellen Betrieb erheblich verbessern, bessere Informationen für Entscheidungsprozesse liefern und unter anderem die Einhaltung von Vorschriften ermöglichen und Fehler und Betrug kontrollieren. Um eine datengesteuerte Institution zu werden, ist eine umfassende Strategie für die Datenverwaltung und das Datenmanagement erforderlich.
  • Die analytische Leistungsfähigkeit digitaler Technologien muss durch qualitative Daten, klare und aktuelle Entscheidungsregeln und menschliche Aufsicht unterstützt und ausgeglichen werden. Automatisierte Entscheidungen bedürfen stets menschlicher Kontrolle und Verantwortlichkeit.

Fakten und Trends

Fakten und Trends
Entwicklung der Verwaltungspraktiken in Europa
Digitale Inklusion in Europa
Zugang zu Onlinediensten in Europa
Mobile Konnektivität und Internetzugang in Europa

Governance und Strategie

Stärkung institutioneller Exzellenz und Compliance

Bei der Erfüllung ihres Auftrags zur sozialen Sicherheit steigern die Sozialversicherungsträger in der Region die Exzellenz durch neue und verbesserte Verwaltungspraktiken. Die Anwendung der ISO-Normen und der Leitlinien der IVSS über Good Governance, der Leitlinien der IVSS zur Dienstleistungsqualität sowie der Leitlinien der IVSS über Informations- und Kommunikationstechnologie gehören zu den Referenzen, die bei der kontinuierlichen Verbesserung der Sozialversicherungsverwaltung auf operativer, institutioneller und auf Dienstleistungsebene Orientierung bieten.

In Spanien überwand die Landesanstalt für soziale Sicherheit (Instituto Nacional de la Seguridad Social – INSS) Personalkürzungen, indem sie das Verfahren für die Altersrente automatisierte. Dies führte zu einer erheblichen Verringerung des Personaleinsatzes in diesem Prozess und trug zur Standardisierung der Rentenakten im ganzen Land bei, wodurch die Gleichbehandlung aller Bürger und die effiziente Personalzuweisung für andere Aufgaben gewährleistet wurden. Die INSS hat auch die Datenübermittlung an Arbeitgeber über die von ihren Arbeitnehmern bezogenen Leistungen – insbesondere Invaliditätsleistungen – automatisiert, um den Arbeitgebern die Einhaltung der Vorschriften zu erleichtern.

Im Fürstentum Monaco wurden durch ein neues Gesetz Familienleistungen für Selbstständige eingeführt, die allen Erwerbstätigen des Fürstentums Zugang zu Familien- und Schwangerschaftsbeihilfen bieten. Die Organisation des neuen Programms haben die monegassischen Sozialkassen (Caisses sociales de Monaco – CAMTI) durch eine auf dem Prinzip der zentralen Anlaufstelle basierenden Kundenerfahrung ganzheitlich erleichtert. Sie umfasst den Aspekt der Governance (Überwachung, Risikomanagement, interinstitutionelle Koordinierung und Änderungsmanagement des Personals) und die erforderlichen Dokumente für neue und ehemalige Mitglieder, die für die neuen Dienstleistungen in Frage kommen.

Die Sozialversicherungskasse der Russischen Föderation (Social Insurance Fund of the Russian Federation – SIFRF) hat ein gemeinsames Projekt mit der Russian Railway und der Federal Passenger Company ins Leben gerufen, das darauf abzielt, die Ausstellung von Reisedokumenten und elektronischen Fahrkarten für Bürger zu vereinfachen, die eine staatliche Leistung für die kostenlose Fahrt mit Fernzügen zum und vom Ort der medizinischen Behandlung erhalten.

In Italien setzte die Landesanstalt für Arbeitsunfallversicherung (Istituto Nazionale per l’Assicurazione contro gli Infortuni sul Lavoro – INAIL) eine Arbeitsgruppe ein, die das Risikobewertungsverfahren für die oberen Gliedmaßen standardisiert hat, das die korrekte Anwendung der in der ISO 11228-3:2007 und ISO/TR 12295:2014 definierten standardisierten Risikobewertungsmethoden sicherstellt und vergleicht.

Um das Management von Nachhaltigkeitsrisiken zu verbessern, verwendet der französische Interprofessionelle Landesverband für die Beschäftigung in Industrie und Handel (Union nationale interprofessionnelle pour l‘emploi dans l‘industrie et le commerce – Unédic) die Erträge aus sozial verantwortlichen Investitionen auf den Finanzmärkten, um seine Einnahmen aufzustocken, wenn sie die laufenden Ausgaben und Projektausgaben nicht decken.

Erbringung hochwertiger Dienstleistungen

Geleitet von einem kundenorientierten Dienstleistungsmodell zur Verbesserung der Kundenerfahrung im digitalen Zeitalter, erneuern die Sozialversicherungsträger in der Region den täglichen Informationsfluss durch IT-Lösungen und -Infrastrukturen, die Beschwerden von Antragstellern verwalten und die Interoperabilität mit anderen Trägern erleichtern, um die Messlatte für exzellente Dienstleistungen höher zu legen.

Im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz hat Italiens INAIL ein Informationsdokument über die Risiken erstellt, denen Heimarbeiter in verschiedenen Arbeitssituationen ausgesetzt sein können. Dies wurde zum Instrument der Regierung, um die Einhaltung von Arbeitsschutzbestimmungen für Arbeitnehmer durchzusetzen und das Umfeld für die neuen Arbeitsmethoden zu verbessern. Ebenso hat die INAIL innovative E-Learning-Schulungsmodule mit interaktiven Tools und Fallstudien für Studenten eingeführt. Ziel ist es, eine Gesundheits- und Sicherheitskultur zu fördern und das Bewusstsein für die Bedeutung von sicherem Verhalten und Risikobewusstsein zu schärfen. Gleichzeitig hat die INAIL in Südtirol ein Projekt ins Leben gerufen, bei dem junge Arbeitnehmer vor Ort Erfahrungen mit den Grundsätzen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz sammeln können.

Eine weitere Initiative für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz wurde von der deutschen Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) ergriffen. Sie bietet eine mehrsprachige Web-Anwendung für Saisonarbeiter im Land an, die mit Hilfe von Texten, Bildern und Videos über relevante Arbeitsschutzthemen informiert.

Anpassung der Systeme, Methoden und Dienstleistungsinfrastruktur

Als Beitrag zu einem nationalen Programm für die digitale Wirtschaft der Russischen Föderation verwendet die Elektronische Personalakte der Rentenkasse der Russischen Föderation (Pension Fund of the Russian Federation – PFRF) ein neues und effizienteres Format zur Erfassung von Informationen über die Beschäftigung der Bürger, bei dem die Arbeitgeber nur noch einen elektronischen Arbeitsnachweis für jeden Arbeitnehmer verwenden müssen, der bei der Institution eingereicht wird.

In Tschechien sieht eine neue Gesetzgebung die Verpflichtung vor, ab dem 1. Januar 2020 Krankenscheine nur noch in elektronischer Form auszustellen. Die tschechische Verwaltung der sozialen Sicherheit (Czech Social Security Administration – CSSA) führte daher die elektronische Krankschreibung ein, die den Umlauf von Papierformularen zwischen vier Stellen (Arzt, Versicherter, Arbeitgeber und CSSA) durch eine elektronische Portallösung ersetzt, bei der jede Stelle separat mit dem E-Portal der CSSA kommuniziert. Mit dem Ausbruch der COVID‑19‑Pandemie trug das System erfolgreich dazu bei, eine größere Zahl von Meldungen schnell zu bearbeiten und persönliche Kontakte zwischen Versicherten und Ärzten zu vermeiden.

In Irland reformierte das Ministerium für Sozialschutz (Department of Social Protection – DSP) die Verwaltung des Systems für Erwerbsfamilienleistungen, das für erwerbstätige Familien mit niedrigem Einkommen Einkommensunterstützung bereitstellt, und machte aus einem Altsystem die strategische IT-Plattform des DSP. Dadurch konnte die Dienstleistung bereits bewährte und skalierbare Verarbeitungs- und Datenbankdienste wiederverwenden. Dies ermöglichte auch eine automatisierte Entscheidungsfindung, bei der der Kunde Informationen eingibt, die dann von anderen Quellen bestätigt werden können, um die Dienstleistungserbringung zu beschleunigen.

Die spanische Allgemeine Finanzbehörde der sozialen Sicherheit (Tesorería General de la Seguridad Social – TGSS) hat ihre Dienstleistungsvision angepasst und Importass eingeführt, um das digitales Angebot für ihre Kunden durch umfassendere und benutzerfreundlichere Dienstleistungen zu erweitern. Die Initiative mit insgesamt 40 implementierten Dienstleistungen und einem persönlichen Bereich, in dem die Bürgerinnen und Bürger ihre Sozialversicherungskonten einsehen können, setzt die Strategie der Institution der standardmäßig digitalen Dienstleistungen um, wobei die digitalen Kanäle zum bevorzugten Kommunikationsmittel zwischen den Bürgern und der Institution werden. Die TGSS wandte innovative Methoden wie Fokusgruppen, Sozialforschung und Nutzertests an, um die Angemessenheit der neuen Dienstleistungen für die Bevölkerungszielgruppen zu ermitteln.

In Israel hat die Landesversicherungsanstalt (National Insurance Institute – NII) Gesetzesinitiativen und politische Änderungen vorgenommen, um die soziale Sicherheit während der COVID‑19-Pandemie zu fördern und krisenbedingte organisatorische Anpassungen vorzunehmen, damit eine optimale Versichertenversorgung gewährleistet ist. Zu den Änderungen gehören neue Onlineformulare für die Website zur Beantragung von Arbeitslosen- und Altersbeihilfen, die Modernisierung interner Systeme zur Verbesserung der Büroarbeit und der Einsatz von Algorithmen bei der Bearbeitung von Arbeitslosenanträgen. Diese verbesserten die Dienstleistungserbringung und erweiterten die Nutzung der Digitalisierung als Instrument zur Umsetzung von Lösungen.

Digitalisierung der Kundendienstleistungen

Die digitale Transformation ermöglicht die Diversifizierung der institutionellen Dienstleistungskanäle. Ziel ist es, bessere und barrierearme Kundendienstleistungen anzubieten, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und den Bedarf an persönlichen Gesprächen und Dienstleistungen inmitten der Pandemie zu verringern, was zu einer virtuellen Sozialversicherungshilfe führt.

Das Finnische Zentrum für Renten (Finnish Centre for Pensions – FCP) hat einen Onlinedienst entwickelt, der Informationen zur Abwicklung der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge für Grenzgänger an verschiedene Träger liefert. Dies vereinfacht den Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber erheblich und erleichtert den Unternehmen die Arbeit auf internationalen Märkten. Die finnische Sozialversicherungsanstalt (Kansaneläkelaitos) entwickelte jüngst auch zwei Chatbots, um Kunden dabei zu unterstützen, ihre Angelegenheiten selbständig zu regeln, insbesondere um ihnen zu helfen, Informationen zu finden und zu interpretieren sowie Leistungsanträge auszufüllen.

Das belgische Landesamt für Arbeit (Office national de l‘emploi – ONEM) führte 2020 einen Chatbot ein, damit die Bürger besser in der Lage sind, eine Kopie ihrer Steuerformulare vorzulegen. Seitdem hat sich der Chatbot schnell und deutlich weiterentwickelt, so dass er heute den Bürgern effektiv bei der komplexen Suche nach Informationen unterstützen kann, insbesondere bei Unterbrechungen der Berufstätigkeit und vorübergehender Arbeitslosigkeit. Der Chatbot fördert auch die Nutzung der E-Box, eines virtuellen Briefkastens, über den die Bürgerinnen und Bürger bei der Verwaltung ihrer Anliegen bei öffentlichen Stellen Zugang zu Dienstleistungen haben.

In der Türkei stellt die Sozialversicherungsanstalt (Sosyal Güvenlik Kurumu – SGK) ein Online‑Antragsstellungssystem zur Verfügung, das über verschiedene Kanäle wie Internet und Mobiltelefon zugänglich ist, um Rentnern die gesetzlichen Abzüge von ihren monatlichen Renten zu erklären. Der persönliche Kontakt mit SGK‑Mitarbeitern wird durch diese Dienstleistung vermieden.

In Frankreich hat das Zentralamt der Träger der sozialen Sicherheit (Agence centrale des organismes de sécurité sociale – ACOSS) eine spezielle Website für neue Arbeitgeber eingerichtet, die einen funktionsübergreifenden und dynamischen Zugang zu wesentlichen Informationen über rechtliche, steuerliche, soziale und praktische Fragen – einschließlich eines Tools zur Simulation der Sozialversicherungsbeiträge und zur Schätzung der Gesamtkosten für Arbeitgeberprojekte – bietet. In der Folge hat die Institution erhebliche Fortschritte bei der Vereinfachung des steuerlichen und sozialen Rahmens für Selbstständige gemacht, was es ihr ermöglicht, für diese Arbeitnehmer eine vollständig digitale Dienstleistung zu schaffen. Der kostenlose Dienst wird über eine praktische mobile App bereitgestellt und erleichtert die Erstellung, die Verwaltung und den Steuererklärungsprozess.

Die SIFRF führte die mobile App Social Navigator ein. Sie bietet Informationen über Organisationen und Einrichtungen, die Dienstleistungen im sozialen Bereich anbieten, um die Bürger für diese zu sensibilisieren. Sie dient auch als Aufbewahrungsort für Dokumente, die für die Beantragung von Leistungen erforderlich sind. Die App berechnet auch die Höhe einiger Leistungsarten im Voraus, verfolgt den Fortschritt aller Zahlungen und ermöglicht die Beantragung neuer Leistungen. Das persönliche Konto von Social Navigator ist in das öffentliche Dienstleistungsportal der Russischen Föderation integriert.

Zur Unterstützung von Personen, die sich im Ruhestand befinden oder kurz davor stehen, hat das Schwedische Rentenversicherungsamt (Pensionsmyndigheten) den Withdrawal Planner eingeführt, der eine einfache und sichere Umgebung für Einzelpersonen bietet, um sich mit ihren Renten und Ruhestandsoptionen vertraut zu machen und diese besser zu verstehen. Die Lösung wurde in enger Zusammenarbeit mit der schwedischen Rentenversicherungsbranche entwickelt und ist ein erfolgreiches Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen privatem und öffentlichem Sektor in diesem Land.

In Lettland fördert das Staatliche Sozialversicherungsamt (State Social Insurance Agency – SSIA) die digitale Transformation der öffentlichen Dienste durch die Einrichtung eines E-Assistenten auf dem Portal für öffentliche Verwaltungsdienste. Es fördert die digitale Kompetenz der Kunden und verringert den Verwaltungsaufwand bei der Nachbearbeitung von Anträgen, die von lokalen Servicezentren eingehen.

Um die Kundenzufriedenheit mit Dienstleistungen der sozialen Sicherheit in Aserbaidschan beurteilen zu können, investierte das Amt für nachhaltige und funktionsfähige soziale Sicherheit (DOST) beim Ministerium für Arbeit und Sozialschutz der Bevölkerung in die Automatisierung und Digitalisierung von Kundenzufriedenheitsumfragen, Datenanalysen und Managementprozessen. Auf Grundlage der Umfrageergebnisse wurden ein elektronisches Bewertungssystem namens „Q-net“ und ein elektronisches Überwachungssystem „DOST Survey“ zur Erfassung von Bürgerbeschwerden eingerichtet, um den Übergang von analogen zu digitalen Datenverarbeitungs- und Analyseverfahren zu ermöglichen.

Auf dem Weg zur datengesteuerten sozialen Sicherheit

Institutionen erkennen zunehmend die Bedeutung einer datengesteuerten Organisation. Die Institutionen der sozialen Sicherheit in der Region haben begonnen, Dashboards, Big Data, fortschrittliche Analysen und künstliche Intelligenz einzusetzen, um strategische und operative Entscheidungen des Managements zu unterstützen (IVSS, 2019).

Italiens INAIL hat ein Tool eingeführt, das auf Grundlage der INAIL-Datenbank die statistische Analyse der Exposition- Reaktion-Beziehungen auf kristalline Kieselsäure ermöglicht. Das Instrument untersucht die Expositionsprofile in verschiedenen Produktionsbereichen, entwickelt gute Praxis in den kritischsten Bereichen und ermittelt Maßnahmen zur Risikokontrolle am Arbeitsplatz. Die Initiative wird auch als Unterstützung für epidemiologische und toxikologische Studien in Betracht gezogen.

In Belgien entwickelte das ONEM eine Open-Data-Plattform als eine strategische Entscheidung, um die statistische Strategie der Institution zu erneuern. Die Initiative überwand das Problem der über eine Vielzahl von Datenbanken verstreuten Daten, indem sie die Datenlandschaft in detaillierten, aber äußerst nützlichen monatlichen Tabellen erfasste. Die Plattform erleichtert die Bearbeitung von statistischen Extraktionen, vermeidet die Extraktion von Abfragen auf Großrechnern und reduziert den Zustrom von Ad-hoc-Datenanfragen. Für die Abteilung Statistik und Studien wurden spezielle Schulungen zur Entwicklung und Verwaltung von Abfragen und Berichten durchgeführt. Durch die Online-Datenplattform verbessert das ONEM die Verfügbarkeit und Interpretation der Daten unter Berücksichtigung von Datenschutzbestimmungen und Haushaltsbeschränkungen.

Um die Umsetzung der Informationspolitik und die Entwicklung von Informationsressourcen effizienter zu machen, hat die polnische Sozialversicherungsanstalt (Zakład Ubezpieczeń Społecznych – ZUS) das ZUS-Statistikportal eingerichtet. Hier werden Publikationen, Forschungs- und Analyseergebnisse sowie eine Vielzahl statistischer Daten aus der satzungsgemäßen Tätigkeit der ZUS veröffentlicht. Die Initiative nutzt das breite Spektrum der satzungsgemäßen Aktivitäten der ZUS und ermöglicht zahlreiche statistische Erhebungen, die auf Grundlage von Sozialversicherungsdaten eine Querschnittsanalyse von Phänomenen für interne und externe Nutzer wie Forscher und Ministerien in Polen ermöglichen. Eine neue interaktive Datenplattform wird darüber hinaus unabhängige statistische Analysen (Data Mining, Erstellung von Korrelationstabellen durch externe Nutzer) und Datenvisualisierung (Karten, Diagramme) auf Grundlage der vom ZUS gesammelten Einzeldaten ermöglichen.

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) verfolgt einen umfassenden Ansatz, um die Betreuungsqualität für Patienten, die nach einem Arbeitsunfall psychische Störungen entwickeln, zu verbessern. Eine der Projektkomponenten ist ein Diagnosealgorithmus, der die automatische Zusammenstellung und Auswertung klinischer Informationen ermöglicht, um eine effiziente und zuverlässige Diagnose zu erstellen und geeignete Behandlungsoptionen vorzuschlagen. Infolgedessen werden die Fälle schneller bearbeitet, was eine frühere Rückkehr an den Arbeitsplatz ermöglicht. Die Qualität der Fallbearbeitung hat sich deutlich verbessert.

In der Türkei hat die SSI ein Projekt zur Betrugsprävention gestartet, bei dem ein Analysemodell mit Formeln und Risikoparametern zur Identifizierung von Unternehmensbetrug bei der Anmeldung von Sozialversicherungsbeiträgen und Arbeitsplätzen entwickelt wurde. Die Ergebnisse wurden ausgewertet und mit der Finanzverwaltung geteilt, um die erhaltenen Daten mit den Daten der Steuerverbindlichkeiten abzugleichen. Das Projekt zielt darauf ab, ein wirksames System zur Betrugsverhütung und -kontrolle zu schaffen, indem potenzielle Fälle frühzeitig erkannt werden.

Investitionen in das Personalmanagement

Die digitalen Technologien eröffnen viele Möglichkeiten für das Personalmanagement. Die Institutionen der sozialen Sicherheit in der Region ergreifen verschiedene Initiativen, um die Personalfunktion zu erneuern und die Fähigkeiten des Personals zu stärken, mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit der Institutionen zu verbessern und die Messlatte für Exzellenz anzuheben.

Das Staatliche Sozialversicherungsamt der Republik Litauen beim Ministerium für soziale Sicherheit und Arbeit (State Social Insurance Fund Board under the Ministry of Social Security and Labour – SODRA) hat eine Qualifizierungsstrategie für seine besten Kerngeschäftspezialisten gestartet. Ziel ist es, einen ausreichenden Kenntnisstand für alle Qualitätsparameter der Software, die Dienstleistungen für die Akteure der Institution anbietet, zu gewährleisten. Zur Erhöhung der IT-Kompetenzen im öffentlichen Sektor des Landes ist die Verbesserung des Kompetenzmanagements eine Antwort auf den derzeitigen Mangel an kompetenten IT-Fachkräften.

In Belgien hat die COVID‑19-Pandemie die vollständige Digitalisierung des Rekrutierungs- und Ausbildungsprozesses beim ONEM beschleunigt. Die Strategie hat dazu beigetragen, die Belegschaft zu stabilisieren und Störungen in den Betriebsabläufen zu minimieren und gleichzeitig die Qualitätsstandards der Dienstleistungen während der Krise aufrechtzuerhalten.

In Polen hat die ZUS die Transformation der Abteilung für Arbeitnehmerangelegenheiten in eine Personalmanagement-Abteilung ermöglicht und hat ihre Personalfunktion zu einem wichtigen Geschäftspartner bei der strategischen Entscheidungsfindung gemacht. Die ZUS fördert auch die Entwicklung von Mitarbeiterkompetenzen, einschließlich regelmäßiger Mitarbeiterbeurteilungen zur Ermittlung des Mitarbeiterpotenzials, und einer Lernplattform, um auf den Schulungsbedarf der Mitarbeiter einzugehen. Darüber hinaus wurde eine Politik zur Verhinderung von Mobbing, Diskriminierung und anderen unerwünschten Phänomenen in den zwischenmenschlichen Beziehungen sowie eine Mediation zur Lösung von Konfliktsituationen eingeführt, mit dem Ziel, positive Beziehungen zwischen den Mitarbeitern der Institution aufzubauen.

Gute Praxis

Digitale Transformationsstrategien

Zur Anpassung an die sich wandelnden Bedürfnisse der Versicherten und des Personals der sozialen Sicherheit haben die Sozialversicherungsträger das Potenzial der digitalen Technologien genutzt, um Effektivität, Leistungsfähigkeit und Exzellenz der Dienstleistungen zu verbessern. Die Entwicklung einer klaren Vision, wie der digitale Wandel gelenkt werden soll, ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Umgestaltung von Abläufen, öffentlichen Diensten und Mitarbeiterrollen.

Innerhalb von drei Jahren realisierte die aserbaidschanische DOST-Agentur eine effektive und umfassende digitale Umstellung aller Prozesse des alten Managementsystems, das von Natur aus eine komplexe, nicht anpassungsfähige Struktur hatte. Zu diesem Zweck hat die Agentur einen strategischen Plan aufgestellt, der darauf abzielt, der Bevölkerung einen reibungslosen Zugang zu den staatlichen Sozialschutzleistungen zu ermöglichen, bürokratische Hindernisse zu beseitigen und die Kundenzufriedenheit zu verbessern. Die Agentur förderte fortschrittliche Technologien und Methoden zum Auf- und Ausbau der Infrastruktur für die soziale Dienstleistungserbringung. Dies wurde mit einer kontinuierlichen Personalentwicklung, einem effektiveren Unternehmensmanagement, einer verbesserten IKT-Infrastruktur und einem verbesserten IKT-Ressourcenmanagement kombiniert, um eine effiziente E-Governance zu etablieren und qualitativ hochwertige digitale Dienstleistungen zu erbringen.

Der Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) befindet sich in einem umfassenden digitalen Transformationsprozess. Der DRV hat einen Chief Digital Officer und ein eigenes Referat für digitale Strategie und digitale Transformation ernannt. Eine digitale Strategie steuert den digitalen Wandel des DRV. Sie umfasst übergreifende Grundsätze und strategische digitale Ziele, die mit auf der Geschäftsstrategie der DRV basierenden Schwerpunktbereichen verknüpft sind, insbesondere Mitglieder, Mitarbeiter, Leistungsfähigkeit, Zukunftsorientierung/Innovation und die Rolle in Gesellschaft/Politik, sowie damit verbundene operative digitale Ziele.

Quelle: IVSS (2022).

Stärkung der Dienstleistungsqualität durch Automatisierung und Kontrolle

Das schwedische Arbeitsamt (Public Employment Service – PES) hat erhebliche Anstrengungen unternommen, um seine Verfahren kohärenter, effizienter und rechtsstaatlicher zu gestalten und zu kontrollieren, ob die Arbeitssuchenden aktiv sind und die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld erfüllen. Durch die Einführung neuer Vorschriften und die Nutzung der fortschreitenden Digitalisierung für die Automatisierung von Prozessteilen hat das PES die Art und Weise, wie die Kontrolle der Arbeitssuchenden durchgeführt wird, grundlegend verändert. Es hat das Kontrollverfahren zentralisiert und eine zentrale Einheit geschaffen, die nur für die Kontrolle der Arbeitssuchenden zuständig ist. Spezifische Schulungen zu den Kontrollaufgaben – die Arbeitsuchenden und die für sie erbrachten Dienstleistungen betreffend – helfen dem Personal, seine Aufgaben korrekt, einheitlich und effizient zu erfüllen. Die Leistung der zentralen Kontrollstellen wird von einem Compliance-Team überwacht.

Eine weitere Errungenschaft bei der Leistungsverbesserung des Arbeitsamts war die Automatisierung der Funktion zur Verwaltung der Tätigkeitsberichte der Arbeitssuchenden. Eine automatische und risikobasierte Überprüfung von Tätigkeitsberichten – ein Mechanismus zur Sortierung der Berichte nach Risikostärke –identifiziert die Berichte, bei denen das PES aktiv werden muss. Geringe Risiken werden automatisch als überprüft markiert, während Berichte mit hohem Risiko zur manuellen Überprüfung herausgefiltert werden. Die Lösung stärkt die Prozesskontrolle und verbessert die Kosteneffizienz.

Quelle: IVSS (2022).

Literaturverzeichnis

ITU. 2021. Measuring digital development: Facts and figures 2021. Genf, Internationale Fernmeldeunion.

IVSS. 2019. Einsatz neuer Technologien in der sozialen Sicherheit: Zusammenfassender Bericht 2017–2019. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2022. Datenbank für gute Praxis der IVSS. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

UNDESA. 2020. E-government survey 2020: Digital government in the decade of action for sustainable development – with addendum on COVID-19 response. New York, NY, Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten der Vereinten Nationen.