Es gibt keine einheitliche Strategie für die digitale Transformation in den Institutionen der sozialen Sicherheit. Der vorliegende Artikel zeigt auf, wie Institutionen in Amerika durch unterschiedliche Ansätze von einer anfänglichen Digitalisierung der Prozesse und Dienstleistungen zu einer umfassenderen und agileren Strategie der digitalen Transformation übergehen konnten, und so Paradigmen und Betriebsmodelle überwunden haben.
Die digitale Transformation spielt bereits seit vielen Jahren eine Rolle bei der Verbesserung der Prozesse in den Institutionen der sozialen Sicherheit in Amerika. Die durch COVID-19 verursachte Krise und die Herausforderungen, die sich aus ihren langfristigen Auswirkungen ergeben, haben die Innovation und die digitale Transformation sowohl in Amerika (IVSS, 2021a) als auch im Rest der Welt maßgeblich vorangetrieben (IVSS, 2022a). Mithilfe der eingeführten Strategien für die digitale Transformation versucht man, auf die sich verändernden Herausforderungen zu reagieren, die Ressourcen zu optimieren, die Produktivität und Effizienz zu steigern, die technologischen Fähigkeiten zu nutzen und Dienstleistungen mit höherem Mehrwert für die Mitglieder zu schaffen, wobei der Schwerpunkt auf einem besseren Zugang, mehr Vertrauen und höherer Qualität liegt.
Die Institutionen in der Region verfolgen unterschiedliche Ansätze im Transformationsprozess, die sich als wirksam erwiesen haben, um schrittweise von einer anfänglichen Vision der Digitalisierung von Prozessen und Dienstleistungen zu einer breiteren und agileren Strategie der digitalen Transformation überzugehen. Dabei können wir folgende Ansätze beobachten:
- Digitalisierung: Kennzeichnet den Übergang von manuellen Prozessen, die offensichtlich automatisiert werden können, zur Abschaffung von Prozessen, die physische Dokumente und Arbeitspapiere erfordern. Normalerweise wird jeweils ein Geschäftsprozess in Angriff genommen, wobei der Dienst, für den die Technologie eingeführt werden soll, teilweise oder vollständig digitalisiert wird.
- Robotergestützte Prozessautomatisierung (RPA): Einsatz von Softwarerobotern zur Automatisierung einfacher oder komplexer, umfangreicher Tätigkeiten, die sich wiederholen und die von Menschen mit Hilfe eines Systems durchgeführt würden. Zu den Vorteilen der RPA zählt die Abschaffung manueller Schritte zwischen den verschiedenen Systemen durch präzise und vorhersehbare Aktionen, was einen geringeren Zeit- und Kostenaufwand für die beteiligten Mitarbeiter bedeutet. Zudem können Roboter ohne Pause im Dauerbetrieb arbeiten, so dass sich die Beschäftigten den Aufgaben widmen können, die für die Geschäftsprozesse und für die Organisation einen größeren Mehrwert bieten.
- Digitale Transformation: Die Transformation kompletter Geschäftsprozesse oder kompletter Funktionsbereiche über den gesamten Lebenszyklus: Zu dieser Gruppe zählen One-Stop-Shop-Lösungen, die als zentrale Anlaufstelle für die Beantragung und Abwicklung von Verfahren dienen. Sie umfasst auch den Zugang zu Dienstleistungen und Leistungen, wobei es Unterschiede im Umfang ihrer Funktionalität (First-Stop, Convenience Store oder True‑one‑Stop) und im Grad ihrer Umsetzung (Empfangsschalter oder Neugestaltung der Abläufe) gibt (IVSS, 2021b).
- Digitale Transformation in Institutionen: Die Reaktion auf die strategische Zielsetzung, sich zu einer agilen und vollständig digitalen Institution zu entwickeln, deren Schwerpunkt auf dem Wert der für Mitglieder und Rentner erbrachten Dienstleistungen liegt. Bezeichnet typischerweise die Transformation verschiedener Geschäftsprozesse, bei der eine oder mehrere Geschäftsbereiche zusammenarbeiten, um eine systemische und nachhaltige Digitalisierung innerhalb der Institution zu erzielen.
Schaubild 1. Ansätze für die digitale Transformation
Die vier verschiedenen Ansätze haben ihre eigenen Schwerpunkte und folgen einer von der Organisation festgelegten Strategie. Sie müssen die beschränkten internen Ressourcen berücksichtigen, angefangen bei den Humanressourcen, den Kapazitäten und der technologischen Infrastruktur bis hin zu den verfügbaren finanziellen Mitteln. Es ist daher schwer vorstellbar, dass einer dieser Ansätze mehr Vorteile bietet als ein anderer. Vielmehr haben sie sich als ein Weg etabliert, den es zu beschreiten gilt, um die digitale Transformation der Institutionen erfolgreich umzusetzen.
Digitale Transformation
Die digitale Transformation ist ein Prozess, bei dem die Organisationen mehrere neue digitale Technologien zusammenführen, um die Effizienz zu steigern, einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu erzielen und die Nutzererfahrung zu verbessern. Darüber hinaus kann sie mehrere Dimensionen der Institution verändern, wie das Geschäftsmodell, das Kundenerlebnis (digitalisierte Produkte und Dienstleistungen) und die Betriebsabläufe (Prozesse und Entscheidungsfindung). Gleichzeitig wirkt sie sich auf die Beschäftigten (Talente und Kultur der Organisation) und den Servicewert der Organisation aus (Ismail, Khater und Zhaki, 2017).
Die digitale Transformation ist ein kontinuierlicher Prozess, da sich die Technologie ständig weiterentwickelt. Sie umfasst die kombinierte Einführung aufstrebender Technologien wie beispielsweise intelligente Geräte, Cloud Computing, Internet der Dinge (Internet of Things – IoT), Datenanalyse, künstliche Intelligenz, Roboter und Automatisierung, virtuelle und erweiterte Realität, Biometrie und Entwicklung mit agilen Vorgehensweisen. Dabei geht es jedoch nicht nur um Technologie, denn sie betrifft alle Bereiche einer Institution, verändert ihre Betriebsabläufe und schafft einen Mehrwert für ihre Nutzer. Wenn es um die digitale Transformation geht, spielen daher Begriffe wie „organisatorischer Wandel“, „kultureller Wandel“ und „kundenorientierter Ansatz“ eine Rolle.
Schaubild 2. Komponenten der digitalen Transformation
Quelle: Gobierno de España (2021).
Die digitale Transformation muss auf die strategische Ausrichtung der Institutionen abgestimmt sein (Tabrizi et al., 2019). Sie muss auf strategischer Ebene mit klaren und präzisen Zielen und Vorgaben geplant werden, die überwacht und gemessen werden können. Die Führungsebene muss die Auswirkungen der digitalen Transformation verstehen, ihre Anwendung in der Kultur, den Prozessen und Dienstleistungen der Organisation erleichtern und Innovationen fördern (Gobierno de España, 2021). Die Einführung eines auf die Nutzer ausgerichteten Ansatzes, die Verbesserung ihrer Erfahrungen, die Erfüllung ihrer Erwartungen, die Änderung der Art und Weise, wie man mit ihnen interagiert, und die Erbringung von Dienstleistungen sind entscheidend dafür, dass den Nutzern als Ergebnis des Transformationsprozesses hochwertigere Dienste angeboten werden können (IVSS, 2019a).
Durch die technologischen Fähigkeiten der Institution wird die Einführung neuer Technologien erleichtert, es werden die Mittel, Ressourcen und die technologische Ausstattung bereitgestellt und ein digitales Umfeld geschaffen, um künftige Herausforderungen zu bewältigen und so die Effizienz zu verbessern und neue Modelle für Geschäftsprozesse zu schaffen (Fachausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie, 2019).
Bei der digitalen Transformation kommt es darauf an, die internen Talente der Institutionen zu nutzen, denn sie kennen die Geschäftsprozesse genau und wissen, was im Betrieb funktioniert und was nicht. Es ist daher notwendig, ihre Fähigkeiten und Kompetenzen auszubauen und ihre Einbindung in den Transformations- und Innovationsprozess sicherzustellen. Humankapital, formale Geschäftsprozesse und -verfahren sowie eine Organisationskultur, die Innovation und Zusammenarbeit fördert, sind Faktoren, die die Anpassung an Veränderungen während des gesamten Prozesses der digitalen Transformation begünstigen.
Darüber hinaus zwingt der Transformationsprozess die Institutionen, jeden Bereich in seiner Gesamtheit anzugehen, wie beispielsweise die Gewährleistung des End-to-End-Managements von Prozessen und Diensten, die Betrachtung von Prozessen oder Funktionsbereichen in ihrer Gesamtheit, anstatt sich auf einen einzelnen oder einige wenige Aspekte spezifischer Prozesse oder Anwendungsfälle zu konzentrieren. Die Bereiche, die für eine digitale Transformation vorgesehen sind, sollten so breit angelegt sein, dass sie einen spürbaren Wert und messbare Ergebnisse für die Einrichtung generieren, aber auch so spezifisch, dass sie nicht von der Transformation anderer Bereiche oder betrieblicher Prozesse abhängig sind (McKinsey, 2023). So ist die Transformation skalierbar und kann schrittweise erfolgen.
Erfahrungen von IVSS-Mitgliedsinstitutionen
Die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) unterstützt ihre Mitgliedsinstitutionen bei der digitalen Transformation mit den Leitlinien der IVSS in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologie (IVSS, 2022b), Good Governance (IVSS, 2019b), Personalmanagement (IVSS, 2022c) und Dienstleistungsqualität (IVSS, 2019a), mit Webinaren und Analyse-Artikeln zum technologischen Wandel, und indem sie ihre Erfahrungen in verschiedenen Publikationen vorstellt (IVSS, 2022a und 2022d). Die folgenden Beispiele zeigen die Vielfalt der in Amerika entwickelten Ansätze.
Pensionskasse der Provinz Córdoba, Argentinien
Die Pensionskasse der Provinz Córdoba (Caja de Jubilaciones, Pensiones y Retiros de la Provincia de Córdoba – CJPRC) des Föderalen Sozialversicherungsrates (Consejo Federal de Previsión Social – COFEPRES) in Argentinien hat sich von einer Institution mit einigen digitalisierten Prozessen zu einer vollständig digital ausgerichteten Organisation entwickelt, deren Schwerpunkt auf dem Wert der für ihre Mitglieder erbrachten Dienstleistungen liegt (Föderaler Sozialversicherungsrat, 2023). Die digitale Transformation begann mit einer Bewertung der Ausgangssituation der Organisation und der erbrachten Dienstleistungen, einer Beurteilung möglicher Alternativen und der Entwicklung eines strategischen Plans. Die Implementierung umfasste neue Technologien, digitale Tools, die Schulung und Weiterbildung der Mitarbeiter sowie eine Strategie für die interne Kommunikation und die Kommunikation mit den Leistungsempfängern, um den Wandel zu bewältigen. Der Einsatz agiler Vorgehensweisen, die Automatisierung von Prozessen mit Hilfe von Robotertechnologie und ein kundenorientierter Ansatz spielten im Transformationsprozess eine entscheidende Rolle. Alle Verfahren und Dienstleistungen werden von einer zentralen Anlaufstelle erbracht (One-Stop-Shop-Modell). Das Callcenter und die Nutzung sozialer Netzwerke wurden als Mittel für die Kommunikation mit Mitgliedern und Rentnern ausgebaut. Die Arbeit von zu Hause aus wurde als alleiniges Arbeitsmodell für alle Mitarbeiter eingeführt. Es wurden Mechanismen eingerichtet, um die digitale Inklusion der Nutzer zu fördern und zu gewährleisten, mit besonderem Augenmerk auf ältere Menschen.
Ministerium für soziale Sicherheit, Brasilien
Anfang 2023 hat das brasilianische Ministerium für soziale Sicherheit (Ministério da Previdência Social) über die Landesanstalt für soziale Sicherheit (Instituto Nacional do Seguro Social – INSS) einen Prozess für den Austausch und den gegenseitigen Abgleich von Datenbanken eingeführt, um einen Lebensnachweis für Rentner zu erstellen, die langfristige Leistungen (Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenrenten) erhalten (Ministerium für soziale Sicherheit, 2023). Die neuen Rechtsvorschriften übertrugen der INSS die Verantwortung für die Erbringung des jährlichen Lebensnachweises von Rentnern, damit die Leistungen weiterhin ausgezahlt werden können. Der Lebensnachweis wird erbracht, indem das Vorhandensein von Aufzeichnungen über Verfahren oder Lebensereignisse von Rentnern in den Verwaltungsdatenbanken der öffentlichen Institutionen auf Bundes-, Länder- oder Gemeindeebene überprüft wird. Ereignisse, die innerhalb von zehn Monaten nach dem Geburtstag der Person durch zertifizierten Zugang zu Anwendungen entweder persönlich oder mittels biometrischer Identifizierung erfasst werden, gelten als Lebensnachweis. Rentner, die bei diesem Verfahren nicht erfasst werden, erhalten eine elektronische Benachrichtigung zur Vorlage eines Lebensnachweises. Für Personen mit Mobilitätseinschränkungen oder Personen, die in schwer zugänglichen Gebieten leben, gibt es eine Ausnahmeregelung für dieses Verfahren.
Diese Innovation bewirkt einen Paradigmenwechsel hinsichtlich der Verantwortung für die Erbringung des Lebensnachweises, steigert die Effizienz und Agilität des Prozesses und hat zur Folge, dass der jährliche Lebensnachweis nicht mehr so häufig persönlich erbracht werden muss. Darüber hinaus werden auf diese Weise Fehler und die damit verbundenen Betrugsrisiken verringert, die unterbrechungsfreie Auszahlung der Leistungen gewährleistet und der Wert der für die Rentner erbrachten Dienstleistung deutlich gesteigert. Bemerkenswert ist, dass die INSS auch andere Managementbereiche digital verändert hat (IVSS, 2020).
Ministerium für Beschäftigung und soziale Entwicklung, Kanada
Im Jahr 2022 hat das kanadische Ministerium für Beschäftigung und soziale Entwicklung (Employment and Social Development Canada – ESDC) die Strategie zur Verbesserung der Dienstleistungen des kanadischen Rentensystems (Canada Pension Plan Services Improvement Strategy – CPP SIS) erfolgreich abgeschlossen. Diese Strategie wurde in einem strukturierten und umfassenden Ansatz für die gesamte Institution über einen Zeitraum von sechs Jahren umgesetzt, um die Erbringung von Dienstleistungen für Millionen von Bürgern zu verbessern, die auf die Programme CPP und CPP-Disability angewiesen sind (Ministerium für Beschäftigung und soziale Entwicklung, 2023). Der Schwerpunkt der Strategie mit über 30 Initiativen lag auf einem hervorragenden Kundenservice, betrieblicher Leistungsfähigkeit sowie auf der Verwaltung von Programmen und Ressourcen. Die Initiativen reichten von der Verbesserung und Optimierung der Dienstleistungen für die Kunden über die Möglichkeit, alle Leistungen online zu beantragen (True‑One‑Stop‑Shop) bis hin zur Modernisierung der Back-End-Verarbeitungssysteme, um die rechtzeitige Bereitstellung kosteneffizienter Leistungen für eine steigende Zahl von Kunden zu gewährleisten. Das Projekt knüpfte an frühere preisgekrönte Bemühungen an und legte den Schwerpunkt auf eine nutzerorientierte Gestaltung der Dienstleistungserbringung. Die Entwicklung einer flexiblen Strategie, die sich an sich verändernde Prioritäten anpassen lässt, war ein wesentlicher Bestandteil des Projekts (Ministerium für Beschäftigung und soziale Entwicklung, 2020). Im Jahr 2023 kam eine formelle Bewertung der von der CPP SIS geleisteten Beiträge zu dem Schluss, dass die Kommunikation mit den Interessengruppen und deren Einbindung sowie die Flexibilität der CPP SIS bei der Verwaltung einzelner Initiativen ausschlaggebend für den Erfolg der Strategie waren.
Kolumbianische Familienzulagenkasse
Im Rahmen ihrer Transformationsstrategie hin zu einer agilen und digitalen Organisation hat die kolumbianische Familienbeihilfekasse (Caja Colombiana de Subsidio Familiar – COLSUBSIDIO) im Jahr 2022 ihren Plan zur robotergestützten Prozessautomatisierung (Robotic Process Automation – RPA) innerhalb der Organisation konsolidiert und ausgeweitet, um besser auf die Bedürfnisse ihrer Nutzer eingehen und die Erwartungen des Marktes erfüllen zu können (COLSUBSIDIO - Kolumbianische Familienzulagenkasse, 2023). Hierbei wurden wiederkehrende, operative, manuelle und umfangreiche Tätigkeiten auf Software-Roboter übertragen, so dass diese Aufgaben viel schneller, präziser und mit weniger Fehlern ausgeführt werden können. Die von diesen Aufgaben befreiten Beschäftigten konnten sich mit ihren Talenten und Fähigkeiten auf Aktivitäten mit Mehrwert konzentrieren und so qualitativ hochwertigere Prozesse generieren, die Produktivität steigern und Risiken minimieren. Darüber hinaus stieg die Mitarbeiterzufriedenheit, was zu einer besseren Erfahrung für Mitglieder und Nutzer führte. Durch den Einsatz agiler Vorgehensweisen bei der Automatisierung wurde schon früh ein Mehrwert geschaffen, der zu einer schnelleren Kapitalisierung der Ergebnisse und Vorteile beitrug. Für das Veränderungsmanagement wurde ein Prozess zur Schulung und internen Sensibilisierung der beteiligten Mitarbeiter entwickelt, der darauf ausgerichtet war, die Kultur der Organisation mit dem Einsatz von Technologie in Einklang zu bringen.
Sozialversicherungskasse von Costa Rica
Die Sozialversicherungskasse von Costa Rica (Caja Costarricense de Seguro Social – CCSS) hat die einheitliche digitale Gesundheitsakte (Expediente Digital Único en Salud – EDUS) im Rahmen eines innovativen Projekts eingeführt, mit dem das öffentliche Gesundheitssystem modernisiert wurde, um eine kontinuierliche, effiziente, qualitativ hochwertige und umfassende Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. (Sozialversicherungskasse von Costa Rica, 2023a). EDUS ist das Informationssystem des Gesundheitswesens, das die Maßnahmen und die Überwachung des Gesundheitszustands der Patienten aufzeichnet (Anamnese, Arzttermine, Gesundheitszustand, Diagnosen, Behandlungen, Medikamente, Operationen, Behinderungen und vieles mehr). Das benutzerfreundliche Design ermöglicht es Patienten und Leistungsempfängern, ihre Krankenakten auf mobilen Geräten einzusehen und herunterzuladen. Bei der Entwicklung dieser Initiative wurden Beispiele guter Praxis berücksichtigt und die Prinzipien der Interoperabilität, Informationssicherheit, eindeutigen Identifizierung, Rückverfolgbarkeit, Skalierbarkeit, Benutzerfreundlichkeit, Übertragbarkeit, Integrität, Produktivität und Qualität zugrunde gelegt. Für die Beschäftigten im Gesundheitswesen spielte das prozessbegleitende Veränderungsmanagement eine entscheidende Rolle und trug dazu bei, dass sie EDUS als Bestandteil ihrer täglichen Arbeit annahmen.
Der Erfolg dieser Initiative schuf günstige Bedingungen für die Durchführung eines Projekts im Jahr 2022, das EDUS mit einer umfassenden digitalen Bildgebungslösung mit institutioneller Abdeckung zur Verbesserung der Reaktions- und Diagnosezeiten verknüpft (Sozialversicherungskasse von Costa Rica, 2023b).
Ergebnisse
In Tabelle 1 sind die Ergebnisse zusammengefasst, die diese Institutionen bei der Umsetzung ihrer im vorliegenden Artikel beschriebenen Projekte zur digitalen Transformation erzielt haben.
Institution | Erzielte Ergebnisse |
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CJPRC, Argentinien |
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INSS, Brasilien |
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ESDC, Kanada |
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COLSUBSIDIO, Kolumbien |
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CCSS, Costa Rica |
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Entscheidende Erfolgsfaktoren
Unterstützung seitens der Geschäftsführung und Ausrichtung des Transformationsprozesses auf die strategischen Ziele. Bei der CPJRC in Argentinien und bei der COLSUBSIDIO in Kolumbien erfolgte die Transformation im Rahmen des strategischen Ziels, eine agile und digitale Institution zu werden, die den Schwerpunkt auf den Wert der für ihre Mitglieder angebotenen Dienstleistungen legt. Beim ESDC in Kanada beruhte die Strategie auf der umfassenden Transformation der gesamten Institution. Bei der CCSS in Costa Rica hat der Transformationsprozess das öffentliche Gesundheitssystem modernisiert.
Im Mittelpunkt der digitalen Transformation in der sozialen Sicherheit sollten die Kunden und die Erbringung hochwertigerer Dienstleistungen stehen. Im Fall der CJPRC in Argentinien bestand das Ziel der digitalen Transformation darin, einfache, benutzerfreundliche und zufriedenstellende Dienstleistungen für Mitglieder und Rentner – mit besonderem Augenmerk auf ältere Menschen – zu erbringen und die Zeit für die Beantragung von Dienstleistungen zu verkürzen. Die auf mehrere Jahre angelegte Strategie des ESDC war darauf ausgerichtet, den Nutzern sichere und unkomplizierte elektronische Dienste anzubieten, den steigenden Erwartungen seiner Kunden gerecht zu werden und seine Kapazitäten zu stärken, um eine zunehmende Anzahl von Nutzern zu bedienen.
Anpassungen des regulatorischen Rahmens können für die Einführung innovativer Verfahren entscheidend sein. Im Falle der INSS in Brasilien wurde der regulatorische Rahmen dahingehend geändert, dass die Verantwortung für die Erbringung des Lebensnachweises auf die INSS übertragen wurde und der Einsatz eines Datenbankaustauschsystems mit den öffentlichen Institutionen in diesem Prozess genehmigt wurde. Im Falle der CCSS in Costa Rica war der Erlass eines Gesetzes unerlässlich, um die einheitliche digitale Gesundheitsakte, EDUS, zum öffentlichen und nationalen Interesse zu erklären und ihre Anwendung im Gesundheitswesen verbindlich vorzuschreiben. Auf diese Weise konnten die anfänglichen Hindernisse, mit denen diese Initiative konfrontiert war, beseitigt werden.
Eine Strategie für das Veränderungsmanagement, die Innovation und Zusammenarbeit fördert, ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Teams Veränderungen akzeptieren und verinnerlichen und ihre Talente in den Transformationsprozess einbringen können. Im Fall der CCSS in Costa Rica wurde ein Team von Veränderungsmanagern eingebunden und in allen Bereichen des Gesundheitswesens geschult. Dieses Team vermittelte seinen Kollegen die Vorteile der Veränderung und förderte die interne Kommunikation und Zusammenarbeit. Bei der COLSUBSIDIO in Kolumbien zielte die Strategie für das Veränderungsmanagement darauf ab, die Kultur der Organisation durch Schulungen und Aufklärung der Beschäftigten mit dem Einsatz von Technologien in Einklang zu bringen.
Schlussbemerkungen
Die digitale Transformation ist ein langfristiger und kontinuierlicher Prozess, da sich die Technologie ständig weiterentwickelt. In vielerlei Hinsicht ist sie eher der Weg als das Ziel. Unabhängig vom Umfang oder der Geschwindigkeit ihrer Umsetzung muss die Transformationsstrategie auf die Ziele der Institution abgestimmt sein und von der Geschäftsführung unterstützt werden.
Das Veränderungsmanagement ist während des gesamten Transformationsprozesses und über die gesamte Organisation hinweg entscheidend für die Institutionen, damit sie die Vorteile nutzen und sicherstellen können, dass die Mitarbeiter der Institutionen weiterhin ihr Engagement und ihre Bemühungen darauf ausrichten, den Mitgliedern, Leistungsempfängern und Beitragszahlern hochwertigere Dienstleistungen anzubieten (IVSS, 2021c). Internationale Erfahrungen, insbesondere die Lehren aus der COVID-19-Pandemie, zeigen, dass die Digitalisierung von Prozessen und Dienstleistungen der sozialen Sicherheit für die Erfüllung dieser Verpflichtung von entscheidender Bedeutung ist (IVSS, 2022a).
Mit Blick auf die Institutionen der sozialen Sicherheit muss hervorgehoben werden, dass die digitale Transformation darauf abzielen sollte, die digitale Inklusion der Nutzer zu verbessern und den Zugang zu den Dienstleistungen zu erleichtern. In diesem Sinne müssen die Veränderungen, die den Einsatz digitaler Kanäle durch die Nutzer vorantreiben, mit Strategien der digitalen Inklusion einhergehen, um zu verhindern, dass Menschen ausgeschlossen werden, die beispielsweise nur eingeschränkten Zugang zu digitalen Kanälen haben (UNU-EGOV und IVSS, 2022). Dies ist besonders in den Ländern Lateinamerikas und der Karibik (LAK) von Bedeutung, wo der Internetzugang und die Internetnutzung mit der Höhe des Haushaltseinkommens zusammenhängen, und wo die ältere Bevölkerung zwischen 65 und 74 Jahren (18 Prozent) und die über 74-Jährigen (8 Prozent) deutlich seltener Zugang zum Internet haben. (OECD, 2020). Daher müssen die Institutionen der sozialen Sicherheit parallel zur digitalen Transformation einen integrativen Ansatz aufrechterhalten, indem sie ihre Präsenzkanäle für die Erbringung von Dienstleistungen für ältere Arbeitnehmer, Rentner und Nutzer mit eingeschränkten digitalen Fähigkeiten oder begrenztem Internetzugang vereinfachen und effizienter gestalten (IVSS, 2019a und UNU-EGOV und IVSS, 2022).
Referenzen
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Fachausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie. 2019. Einsatz neuer Technologien in der sozialen Sicherheit. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.
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IVSS. 2022b. Leitlinien der IVSS über Informations- und Kommunikationstechnologie. Geneva: International Social Security Association.
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UNU-EGOV; IVSS. 2022. Digitale Inklusion: Verbesserte Dienstleistungserbringung der sozialen Sicherheit. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.