Analyse

Die Anwendung von Chatbots in der sozialen Sicherheit: Erfahrungen aus Lateinamerika

Analyse

Die Anwendung von Chatbots in der sozialen Sicherheit: Erfahrungen aus Lateinamerika

Mit dem zunehmenden Einsatz digitaler Kommunikationsmittel wird die Qualität der angebotenen Dienstleistungen immer mehr erfolgsentscheidend. In unserer schnelllebigen Welt, in der alles nur einen Klick entfernt scheint, erwarten Dienstleistungsnutzer, dass sie die von ihnen gesuchten Informationen schnell und einfach finden. Ansonsten bricht die Dienstleistungsqualität ein, und die Nutzer wenden sich frustriert ab.

Obwohl sich die Aufgaben von Institutionen der sozialen Sicherheit dank Online-Dienstleistungen immer effizienter abwickeln lassen, sind dabei gewöhnlich keine offenen Fragen oder Erkundigungen möglich. Hier können Chatbots (automatisierte Auskunftsdienste) einen Mehrwert bieten.

Ein Chatbot, also ein Chat-Roboter oder ein Bot, ist ein Hilfsmittel, das eine Kommunikation mit Nutzern ermöglicht und dabei ein menschliches Gespräch simuliert. Meist geben Chatbots vorgefertigte Antworten auf die häufigsten Fragen. Dank moderner Technologie können Nutzer so Unterhaltungen führen, ohne dass am anderen Ende eine reale Person sein muss, und diese Dienste stehen rund um die Uhr zur Verfügung.

Chatbots sind eine besondere Kategorie virtueller Assistenten, die den Nutzern durch mündliche oder schriftliche Kommunikation helfen, bestimmte Aufgaben zu erledigen. Sie finden sich oft auf Websites, in Geschäftsanwendungen, in sozialen Medien und in Instant-Messaging-Diensten.

Derzeit besteht ein großes Interesse an dieser Technologie, die vermehrt auch von Institutionen der sozialen Sicherheit eingesetzt wird, da sie sich innerhalb weniger Monate zu einem gemäßigten Kosten-Nutzen-Verhältnis einrichten lässt und dann auch auf ausführlichere Erkundigungen reagieren kann. Dieser Trend zeigt sich in den Beispielen guter Praxis und Erfahrungen, die von den Mitgliedern der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) in allen Weltregionen berichtet wurden.

Aufgrund solcher Erfahrungen fördert die IVSS diese Art von Technologien, wie sie auch in ihren Leitlinien festgehalten sind. So bezieht sich in den Leitlinien der IVSS über Kommunikation von Verwaltungen der sozialen Sicherheit (IVSS, 2016) die Leitlinie 10 auf den „strategischen Einsatz neuer Kommunikationstechnologien“ in allen Bereichen, in denen sich Chatbots in sozialen Medien und Messaging-Diensten einsetzen lassen. In den Leitlinien der IVSS zur Dienstleistungsqualität (IVSS, 2019) befasst sich Leitlinie 5 mit dem „Verständnis der Bedürfnisse und Erwartungen der Nutzer“, da diese Bedürfnisse und Erwartungen bei der Einrichtung virtueller Assistenten oft als Informations- und Wissensgrundlage dienen.

Die Hauptvorteile der Einrichtung eines Chatbots

Die Einführung von Chatbots in sozialen Dienstleistungen hat mehrere mögliche Vorteile.

Erstens verbessern Chatbots die Nutzerzufriedenheit. Chatbots reagieren sofort und beantworten die Anfragen von Nutzern, während diese die Website der Institution erkunden. Sie erhöhen die Verfügbarkeit von Auskunftsdienstleistungen, da Chatbots das ganze Jahr rund um die Uhr zur Verfügung stehen.

Eine vermehrte Nutzung der Dienstleistungen vergrößert auch die Anzahl der Nutzer, die mit der Institution der sozialen Sicherheit interagieren. Es hat sich gezeigt, dass der Einsatz von Chatbots auf Websites anstelle von Online-Formularen die Nutzung dieser Websites steigert, und zugleich werden weniger persönliche Direktkontakte und telefonische Kontakte benötigt. Dadurch ergeben sich auch verbesserte Kapazitäten zur Einholung von Nutzerinformationen, da mit Chatbots Tausende von Nutzern zugleich bedient werden können und sich so wichtige Informationen herausfiltern lassen. Institutionen können diese Informationen zu statistischen Zwecken nutzen oder ihre Dienstleistungserbringung analysieren, um so die Nutzererfahrungen in der Zukunft zu verbessern.

Schließlich kann auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Beratungsdienste verbessert werden, da bei Chatbots keine Mitarbeitenden ausschließlich für die Nutzer abgestellt werden müssen. Ein Chatbot bedient Nutzer zu jeder Tages- und Nachtzeit in Echtzeit, was Kosten spart und die Dienstleistungsqualität erhöht.

Chatbots auf der Grundlage von Künstlicher Intelligenz (KI) sind zudem in der Lage, durch Interaktion mit den Nutzern ständig dazuzulernen, so dass sich Reichweite und Qualität der Antworten laufend verbessern lassen.

Arten von Chatbots und Klassifizierung

Bei der Entscheidung, einen Chatbot einzurichten, sollten folgende Punkte beachtet werden: die zu deckenden Nutzerbedürfnisse, die erforderliche Technologie und der gewünschte Kommunikationskanal. Anhand dieser Punkte wird es leichter, verschiedene Arten von Chatbots zu prüfen und sodann zu bestimmen, welche Option am besten zu den Anforderungen passt.

Es gibt verschiedene Arten von Chatbots, die sich in Raffiniertheit, Komplexität, Umsetzung und Wartungskosten unterscheiden. Chatbots werden in der Praxis nach verschiedenen Kriterien klassifiziert. Einerseits können sie nach Umsetzungstechnologien und dem Grad ihrer KI-Nutzung unterschieden werden. KI-basierte Chatbots, auch bekannt als kognitive oder intelligente Chatbots, ermöglichen die Erbringung raffinierterer Dienstleistungen, deren Antworten stärker denjenigen eines menschlichen Gegenübers gleichen. Ihre Umsetzung beruht allerdings nicht auf der Entwicklung herkömmlicher Software, sondern das KI-System wird trainiert, und dafür ist ein Datensatz mit repräsentativen Nutzerinteraktionen erforderlich. Es gibt jedoch nach wie vor Chatbots, die mit herkömmlicher regel- und operationsbasierter Programmierung entwickelt werden.

Chatbots können auch nach ihrem Kommunikationsmittel unterschieden werden, das heißt, ob sie allein auf Text beschränkt sind, ob sie auf gesprochene Fragen antworten können oder ob sie zusätzlich eine Multimedia-Interaktion erlauben (beispielsweise per Video). Oder sie lassen sich nach dem Zweck ihrer Interaktion unterscheiden (beispielsweise zur Kontaktaufnahme, zur Information oder für die Online-Hilfe) sowie danach, ob ihre operative Kapazität es ihnen erlaubt, Transaktionen auszuführen. Der vom Chatbot verwendete Kommunikationskanal ist ein weiteres Unterscheidungsmerkmal. So können Chatbots auf Websites, in sozialen Medien oder in Messaging-Anwendungen eingesetzt werden. Institutionen können sich aber auch für einen Mehrkanal-Ansatz entscheiden und je nach Nutzerpräferenzen unterschiedliche Kommunikationskanäle anbieten.

Alle diese Klassifizierungen und Arten von Chatbots können miteinander kombiniert werden, so dass es für die Bedürfnisse jeder Institution spezifische Lösungen gibt.

Tabelle 1. Arten von Chatbots
Unterscheidung von Chatbots
Nach Umsetzungs­technologie und Einsatz künstlicher Intelligenz Interaktive Textantworten (Interactive Text Response, ITR) Benötigen keine künstliche Intelligenz, da sie befehlsgesteuert operieren. Liefern vorgefertigte Antworten und wenden sequenzielle Logik auf ein festes Auswahlmenü an.
Wörtererkennung Antworten durch Erkennen von Stichwörtern, die dann eine vorgefertigte Antwort auslösen.
Kognitive bzw. intelligente Chatbots Nutzen Techniken der künstlichen Intelligenz wie maschinelles Lernen.
Können natürliche Sprache verarbeiten. Sind kontextbasiert, d. h. sie können Nutzerabsichten und Kontext erkennen und Antworten neu entwerfen.
Kognitive Chatbots lernen aus vergangenen Interaktionen und/oder aus neu gelieferten Informationen
Nach Kommunikationsmittel Text-Chatbots Interagieren über Textnachrichten wie herkömmliche Chat-Programme.
Spracherkennungs-Chatbots Nutzen eine Sprachschnittstelle. Verstehen gesprochene Nutzeranfragen und antworten über den Lautsprecher. Ähnlich wie interaktive Sprachantworten, können jedoch Sprache erkennen und kontextspezifisch antworten.
Multimedia-Chatbots Kombinieren Textantworten mit dynamischeren Funktionen wie Bildern, Schaltflächen und anderen Inhalten, und simulieren eine menschliche Unterhaltung durch Messaging-Anwendungen.
Nach Zweck Kontakt Werden anstelle von Online-Formularen verwendet.
Nutzersupport und Hilfe Werden als interaktivere Variante von häufig gestellten Fragen verwendet.
Assistent für Online-Vorgänge Unterstützen die Nutzer bei den verschiedenen Schritten eines Online-Vorgangs.
Sozial Binden personenbezogene Inhalte in ein Gesprächsformat ein.
Nach operativer Kapazität Transaktional Erlauben Nutzern, eine Transaktion oder einen Vorgang durchzuführen.
Müssen mit internen Systemen oder Dienstleistungen von Dritten interagieren können, um nach Informationen zu suchen oder Transaktionen abzuschließen.
Nicht-transaktional Funktionieren wie ein Chatroom. Allgemein für häufig gestellte Fragen verwendet oder aber, um Nutzern die Navigation auf einer Website zu erleichtern.
Nach Kommunikationskanal Website Teil einer Website zur Interaktion mit Website-Besuchern.
Soziale Medien Werden zur Erhöhung der Loyalität der Nutzer verwendet und können rund um die Uhr antworten.
Instant-Messaging Teil von Messaging-Anwendungen, die von der Institution verwendet werden.
Mehrkanal-Nutzung Teil mehrerer der genannten Kommunikationskanäle, je nach Nutzerpräferenzen. Nutzer können beispielsweise über soziale Medien interagieren und gleichzeitig Informationen auf der Website erhalten sowie Nachrichten schreiben.

Unabhängig von der Art des verwendeten Chatbots sollte es stets auch möglich sein, sich an eine menschliche Ansprechperson zu wenden, wann immer Nutzer dies wünschen oder die Komplexität der Anfrage dies erfordert. Idealerweise sollte im Gesprächsverlauf auf andere Kommunikationskanäle gewechselt werden können. Dabei müssen die laufende Unterhaltung und der Kontext einem Callcenter übertragen werden, das über Mehrkanal-Kapazitäten verfügt, so dass jeder beliebige Kanal konsistent bedient werden kann.

Einbindung von Chatbots in Dienstleistungen der sozialen Sicherheit

Die Präsentationen an der Verleihung des IVSS-Preises für gute Praxis für Amerika 2020 und im Rahmen anderer IVSS-Aktivitäten haben gezeigt, dass die Institutionen der sozialen Sicherheit mittlerweile vermehrt Chatbots einsetzen. Im Folgenden beschreiben wir einige Beispiele.

Argentinien

In Argentinien wollte das Aufsichtsamt für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (Superintendencia de Riesgos de Trabajo – SRT) die für den Kundendienst eingerichteten Telefonleitungen entlasten und den Nutzern schnell und unkompliziert antworten, so dass spezialisiertere Kundendienstmitarbeiter für komplexere Anfragen freigemacht werden konnten. Das SRT setzte sich zum Ziel, eine größere Zahl von Nutzern durch einen Hilfsdienst zu erreichen, der die gängigsten Fragen schnell und effizient rund um die Uhr beantwortet.

Dazu führte das SRT die virtuelle Assistentin Julieta (SRT, 2020) ein, die hauptsächlich auf die Versicherung von Arbeitsrisiken ausgerichtet ist, aber auch Fragen zum Bearbeitungsstatus einer Akte, zur Aufnahme in eine Arbeitsunfallversicherung sowie dazu beantwortet, welche Stelle für bestimmte Vorgänge zuständig ist.

Der Chatbot wurde nach und nach entwickelt, wobei in einem ersten Schritt eine Wissensbasis mit einer beschränkten Zahl von Fragen und Antworten eingerichtet wurde. Anfänglich gab es 100 Antworten und ungefähr 3 000 unterschiedliche Frageformulierungen, die mit diesen Antworten verknüpft waren. Im zweiten Schritt interagierte eine Fokusgruppe von Angestellten mit dem Chatbot, der daraufhin 200 Antworten beherrschte und auf 8 500 unterschiedliche Fragestellungen reagieren konnte. Dadurch sank die Fehlerquote von 30 Prozent auf 7 Prozent, so dass fortan 93 Prozent von Julietas Antworten korrekt waren. 2019 gingen durchschnittlich 500 Anfragen pro Tag von insgesamt über 85 000 Nutzern ein, woraus 200 000 Interaktionen mit Julieta entstanden. Das SRT plant nun den nächsten Schritt, bei dem der Chatbot in einen Messaging-Dienst integriert werden soll.

Die nachfolgende Abbildung zeigt die Website mit Julieta:

 

Asistente Virtual - Superintendencia de Riesgos de Trabajo (SRT)

Brasilien

In Brasilien führte die Landesanstalt für soziale Sicherheit (Instituto Nacional do Seguro Social – INSS) einen virtuellen Assistenten mit dem Namen Helô (INSS, 2020) ein. Das ursprüngliche Ziel war, Auskünfte zur Nutzung der digitalen Plattform Meu INSS (Meine INSS) zu geben. Derzeit wird der Assistent zu einem hybriden System erweitert, um mit menschlicher Unterstützung auch komplexere Angelegenheiten bewältigen zu können.

Die COVID-19-Gesundheitskrise führte zur vorübergehenden Schließung der Präsenzdienstleistungen, und die Nutzung von Meu INSS nahm entsprechend zu. Dadurch entstand ein großer Bedarf nach einer schnellen und unkomplizierten Versorgung mit Informationen, die den Bürgern eine Orientierung geben.

Dank Helô erreicht die INSS eine höhere Transparenz und bietet mehr Wege der Kontaktaufnahme rund um die Uhr. Der neue Service bedeutet aber auch, dass die INSS ihre Kundendienstassistenten optimal nutzen und damit bei einfacheren Fällen weniger auf den Einsatz ihres Personals angewiesen ist.

Wie beim argentinischen SRT wurde auch diese Initiative in Phasen eingeführt. In der ersten Phase ging es darum, einen regelbasierten virtuellen Assistenten zu erstellen, der auf Stichwörter reagiert. Die zweite Phase umfasste die Einrichtung einer Wissensbasis, die den Bürgerinnen und Bürgern je nach Profil einen gezielteren Service anbot, und dann kam die Integration mit sozialen Medien und Messaging-Plattformen. Im ersten Betriebsmonat ging eine Million Anfragen ein, und täglich konnten im Durchschnitt 32 000 Personen bedient werden. 57 Prozent der Nutzer erklärten daraufhin, Helô habe korrekte Antworten geliefert.

Nachfolgend ist die Startseite von Helô abgebildet:

Helô - Instituto Nacional de Seguridad Social (INSS)

Panama

Der panamaische Sozialversicherungsfonds (Caja de Seguro Social – CSS) führte seinen virtuellen Roboter RoVi (CSS, 2020) zur Automatisierung des Kundendienstes und zur Beantwortung der häufigsten Fragen von Versicherten ein. Die Herausforderung für den CSS lag darin, die Qualität der Gesundheitsdienstleistungen durch mehr Fairness, Wirksamkeit und Effizienz sowie durch einen ganzheitlichen Ansatz zu verbessern.

Der CSS startete innerhalb seines Strategieplans zur Erstellung von Modellen anhand neuer Technologien, um die Dienstleistungen näher zu den Bürgern zu bringen, verschiedene Initiativen. Dazu gehören die Entwicklung eines digitalen Beratungsdiensts, die Einführung von Online-Zahlungen und die Entwicklung des virtuellen Roboters RoVi, der den administrativen Aufwand für die Versicherten durch einen rund um die Uhr verfügbaren virtuellen Assistenten erleichtern soll.

Ein Ziel der Digitalisierung der Dienstleistungen innerhalb des CSS war es, eine medizinische Grundversorgung von fern über Telefongespräche anzubieten, was durch eine digitale Sprechstunde erreicht werden konnte. Das System für Online-Zahlungen der regelmäßigen Beiträge wurde ebenfalls gut aufgenommen. Es wurden bereits 8 000 Zahlungen von Arbeitgeberbeiträgen auf diesem Weg getätigt, und seit der Einführung vier Monate zuvor nehmen 54 000 Arbeitgeber daran teil. Was die Auszahlung an Personen im Ruhestand und an Rentnerinnen und Rentner anbelangt, so werden bereits 42 Prozent davon online abgewickelt. Neben diesen Erfolgen wurde auch das Callcenter erweitert und dahingehend verändert, dass die Mitarbeitenden durch virtuelle Dienste ersetzt wurden.

RoVi ist Teil dieses allgemeinen Digitalisierungsschubs. Der virtuelle Roboter bietet den Versicherten eine Anleitung für die verschiedenen Dienstleistungen des CSS. Er kann insbesondere den Status von Medikamentenanträgen aktualisieren und er kann angeben, ob sie genehmigt wurden, ob sie bereits in Bearbeitung sind und ob die Arzneimittel abgeholt werden können.

RoVi ist Teil der Website der Institution, wie untenstehende Abbildung zeigt:

RoVi - Caja de Seguro Social (CSS)

Uruguay

In Uruguay hat die Bank für Sozialversicherung (Banco de Previsión Social – BPS) einen Chatbot eingeführt, der wie eine Mitarbeitende oder ein Mitarbeitender der BPS als virtueller Assistent agiert (BPS, 2020). Der Chatbot richtet sich speziell an Hausangestellte, eine schwer zu deckende Bevölkerungsgruppe.

Die Initiative mit dem Chatbot als virtuellem Assistenten ist Teil einer allgemeineren Strategie zur Förderung und zur offiziellen Aufnahme von Hausangestellten in das System der sozialen Sicherheit durch den Einsatz moderner Technologien. Die besondere Herausforderung für die BPS lag darin, die Qualität, den Zugang und die Verbreitung der Informationen zu verbessern und auch den Arbeitgebern bei den entsprechenden Formalitäten zu helfen.

Die BPS startete eine Reihe von Initiativen zur Verbesserung der Deckung von Hausangestellten, unter anderem durch die Bündelung der administrativen Abläufe in einer Organisation, die erleichterte Nutzung der Dienste durch Arbeitgeber mit einer mobilen App, eine Mehrkanal-Hilfe mit einer kostenlosen Telefonnummer, die Versendung authentifizierter E-Mails, eine persönliche Beratung und Auskunft in sozialen Medien sowie die Einrichtung eines intelligenten Chatbots, der rund um die Uhr Hilfe und Auskünfte anbietet.

Der virtuelle Assistent startete mit 70 Antworten (von denen 19 als rein dialogorientiert klassiert wurden). Die Nutzerschnittstelle wurde sodann durch vorgeschlagene Antworten, Animationen und audiovisuelle Inhalte angereichert. Der virtuelle Assistent erkennt aber auch wiederholte Versuche und kann die Unterhaltung im Bedarfsfall an einen Mitarbeitenden übertragen.

Dank dieser Strategie werden mittlerweile 95 Prozent der Vorgänge in der BPS im Fernkontakt abgewickelt. Arbeitgeber nutzen Online-Vorgänge zur Arbeitnehmerregistrierung bereits zu 57 Prozent und zur Zahlung zu 42 Prozent. 2019 nahm der virtuelle Assistent monatlich im Durchschnitt 1 300 Anfragen entgegen. Davon wurden 97 Prozent allein durch den Assistenten bearbeitet, bei den restlichen 3 Prozent war ein Eingreifen von Mitarbeitenden erforderlich.

Die untenstehende Abbildung zeigt den Bildschirm beim Aufrufen des Chatbots:

chatbot - Banco de Previsión Social (BPS)

Zusammenfassung der Ergebnisse und wichtigste Umsetzungsfaktoren

Alle in diesem Bereich eingereichten Beispiele guter Praxis haben zum Ziel, die Nutzer zu unterstützen und ihnen entweder durch die Beantwortung häufiger Fragen oder durch eine Anleitung bei Online-Eingaben zu helfen. Alle beschriebenen Instrumente sind in die jeweilige Website integriert, auch wenn es Institutionen gibt, die bereits eine Erweiterung auf soziale Medien und Messaging-Anwendungen erkunden.

Tabelle 2. Zusammenfassung der Ergebnisse der verschiedenen Arten beschriebener Chatbots
Land und Institution Bereich Wichtigste Ergebnisse Umsetzungs­technologie Zweck Operative Kapazität Kanal
ARGENTINIEN – SRT Häufige Fragen, Online-Anleitung für Transaktionssysteme 93% korrekte Antworten Kognitiv, KI-basiert Nutzersupport und Hilfe für Online-Vorgänge Transaktional Website

künftig auch Messaging
BRASILIEN –
INSS
Fragen zu Meu INSS 57% zufriedene Kunden Kognitiv, KI-basiert Nutzersupport und Hilfe Nicht-transaktional Website

künftig auch soziale Medien u. Messaging
PANAMA – CSS Häufige Fragen Kompatibel mit 100% der Geräte Kognitiv, KI-basiert Nutzersupport und Hilfe Nicht-transaktional Website
URUGUAY – BPS Auskünfte für Hausangestellte 97% Antworten nur durch virtuellen Assistenten Kognitiv, KI-basiert Nutzersupport und Hilfe Nicht-transaktional Website

Die kritischsten Umsetzungsfaktoren sind die Unterstützung durch das obere Management und eine institutionelle Strategie zur Einführung neuer Technologien, die die Dienste näher zu den Bürgerinnen und Bürgern bringen soll. Dies kann durch eine Einbindung in den strategischen Plan der Institution oder durch eine allgemeine Förderung des Einsatzes neuer Technologien erreicht werden.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die technische Expertise des Projektleitungsteams, sowohl in Fragen der sozialen Sicherheit, für die der Chatbot trainiert werden muss, als auch, was die Sensibilität für das Zielpublikum, seine Bedürfnisse und die gewünschten Antworten betrifft. Bei kognitiven Chatbots ist überdies entscheidend, dass Daten für das Trainieren der Algorithmen mit künstlicher Intelligenz verfügbar sind.

Schließlich sei darauf hingewiesen, dass alle beschriebenen Beispiele guter Praxis bei der Einführung ihrer Chatbots schrittweise vorgegangen sind und mit den am einfachsten umzusetzenden Maßnahmen begonnen haben, entweder mit nur einem von verschiedenen Themenbereichen oder mit nur einem von mehreren Kommunikationskanälen.

Schlussfolgerungen

Chatbots sind Softwareinstrumente, die wie virtuelle Assistenten funktionieren und in der Lage sind, eine Unterhaltung mit Nutzern zu führen, entweder durch vorgefertigte Antworten für bestimmte Arten von Fragen oder durch das Erkennen der Absichten und Inputs der Nutzer.

Institutionen der sozialen Sicherheit setzen vermehrt Chatbots ein, um rund um die Uhr Kundendienstleistungen anzubieten, über die ihre Nutzer Auskünfte einholen können. Wie in den oben beschriebenen Fällen gezeigt, setzen viele Institutionen KI-basierte Chatbots ein, die selbst lernen und nach und nach immer komplexere und natürlichere Unterhaltungen führen können.

Die am weitesten entwickelten Chatbots enthalten mittlerweile Sprachfunktionen und können natürliche Sprache verarbeiten, so dass sie Fragen – unabhängig vom Tonfall der jeweiligen Nutzer – interpretieren und deren Absichten erkennen können. Einige Chatbots bieten schon eine derart authentische Erfahrung, dass es schwierig ist, zu erkennen, ob ein virtueller Roboter oder ein Mensch dahintersteht.

Die Herausforderung liegt nun darin, Chatbots so weiterzuentwickeln, dass sie Dienstleistungen erbringen, die immer mehr dem gleichen, was ein menschliches Gegenüber bietet. Dazu müssen Chatbots aber mehr können, als nur logische Schlüsse hinsichtlich der Absichten des Nutzers zu ziehen. Viele Versionen sind bereits in der Lage, natürliche Sprache zu verarbeiten und zu verstehen, sie verfügen allerdings noch nicht über die erforderlichen Kontextinformationen, um auch den emotionalen Zustand der Nutzer zu erkennen.

Man geht allgemein davon aus, dass in Zukunft künstliche Intelligenz Bild und Ton derart wird nutzen können, dass anhand von Gesichtsausdruck, Tonfall und Verhaltensmuster auch Gefühlszustände erkennbar sind. So wäre eine persönlichere Beantwortung möglich, die besser auf die jeweilige Situation angepasst ist und eine leichtere und auch natürlichere Interaktion mit den Nutzern erlaubt. Die Antworten dürften dann noch schwieriger von denjenigen von Menschen zu unterscheiden sein.

Dank dieser Entwicklungen werden die Institutionen der sozialen Sicherheit in der Lage sein, durch neue Technologien wie künstliche Intelligenz Innovationen einzuführen, die auch über Chatbots hinaus Verwendung finden.

Referenzen

Aufsichtsamt für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. 2020. Julieta Lanteri, der erste Chatbot der öffentlichen Verwaltung Argentiniens (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

Bank für Sozialversicherung. 2020. Gute Praxis und positive Erfahrungen bei der Ausweitung der Sozialversicherungsdeckung auf Hausangestellte (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2016. Leitlinien der IVSS über Kommunikation von Verwaltungen der sozialen Sicherheit. Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

IVSS. 2019. Leitlinien der IVSS zur Dienstleistungsqualität (Erweiterte Auflage). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

Landesanstalt für soziale Sicherheit. 2020. Helô, der virtuelle Assistent der Landesanstalt für soziale Sicherheit (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.

Sozialversicherungsfonds. 2020. Fortgeschrittene Automatisierungstechniken der implementierten Prozesse (Gute Praxis in der sozialen Sicherheit). Genf, Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit.